Die Chance ihres Lebens

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Die Chance ihres Lebens – Die Idee

Autor: Karl Kollar

»Bist du verrückt? Weißt du überhaupt, was du da von mir verlangst?« Peter Volkerts schaute seine langjährige Bekannte Miriam Beckmann sehr empört an. »Wenn das heraus kommt, dann kriege ich kein Bein mehr auf den Boden.«

Doch Miriam lächelte ihn nur an, so als hätte sie seine Reaktion schon vorher gesehen. »Es ist bei weitem nicht so gefährlich, wie es sich anhört. Wenn einer ein Risiko eingeht, dann bin ich das.« Sie kannte ihn schon lange. Jedes Mal, wenn sie im Rahmen ihres Berufes einer investigativen Journalistin eine neue Spur verfolgte und ihm um Hilfe bat, war er zu Beginn sehr aufgebracht. Doch dann hatte er ihr doch stets bei ihren Abenteuer geholfen.

Diesmal, das musste sie sich eingestehen, hatte sie wirklich etwas sehr gewagtes vor.

Dabei war sie war noch sehr jung, gerade mal 23, und doch hatte sie schon für einige spektakuläre Artikel gesorgt, hatte den einen oder anderen Skandal aufgedeckt und sogar einen gewalttätigen Politiker zur Strecke gebracht. Ihre Kollegen hielten sie für die aktuell beste ihrer Zunft, doch darauf gab Miriam überhaupt nichts. Aber wenn es irgendwo eine Sauerei oder eine Ungerechtigkeit aufzudecken gab, dann entwickelte sie einen gerade zu beängstigenden Ehrgeiz.

Und sie war bildhübsch: schlank und sportlich, mit funkelnden grünen Augen und langen braune Haare, die in leichten Locken um ihre Schultern fielen. Auch hatte sie immer kurz geschnittene Fingernägel. Sie fand es so praktischer. Und genauso 'praktisch’ war sie meistens auch angezogen. Blaue Jeans, einen einfarbigen Pullover und dazu einfache Turnschuhe. Es lag in ihrem Naturell, stets den direkten Weg zu gehen und nicht die Umwege, die die meistens bevorzugten, wenn sie sich einem Problem nicht stellen wollten.

Ihr war es wichtig, die Tiefen der menschlichen Abgründe zu ergründen. Je schmuddeliger und dunkler es wurde, desto mehr fühlte sie sich in ihrem Element. Dabei hatte sie einen ausgesprochenen Gerechtigkeitssinn und war stets bemüht, den Schwachen beizustehen und ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen, wenn die Polizei und die Gerichte nichts mehr tun konnten oder wollten.

Einmal hatte sie sich auf eigene Faust aufgemacht, einen Politiker zur Strecke zu bringen, der Prostituierte zu sich kommen ließ und sie dann folterte. Sie hatte sich damals extra hüftlange Stiefel besorgt, um echt auszusehen. Und er war tatsächlich auf sie herein gefallen. Trotzdem war Peter damals sehr sauer gewesen, in welche Gefahr sie sich gebracht hatte. Dass sie danach mehrere Tage nicht mehr sitzen konnte, war seiner »strafenden« Hand zu verdanken. Natürlich schmollte sie danach noch einige Tage, doch dann stand sie schon wieder mit dem nächsten Abenteuer vor ihm.

* * *

»Und du bist sicher, dass du diesmal richtig liegst« Seine Stimme zeigte einige Zweifel.

Sein Tonfall erinnerte sie daran, dass sie das eine oder andere Mal auch eine falsche Spur verfolgt hatte und sie eine angebliche Bedrohung als ganz harmlos herausgestellt hatte. Doch diesmal war sie ganz sicher. »Ich verfolge zwei Spuren, unabhängig voneinander. Und beide führen in dem Schloss zusammen.«

»Welche Spuren sind das?« Er war immer noch sehr skeptisch.

»Es gab immer wieder Gerüchte, dass in dem Schloss seltsame Dinge vorgehen.« Sie holte tief Luft. »Dort werden Frauen gefangen gehalten und immer wieder feiern sie wilde Partys mit Sklavinnen.«

»Woher weißt du das?« Er wollte ihre Pläne diesmal frühzeitig hinterfragen.

»Es ist besser, wenn du das nicht weißt.« Sie lächelte geheimnisvoll. »Und dann hat die Polizei mich verhört.«

»Du meinst 'befragt'?« Er belehrte sie. »Verhört wirst du nur, wenn sie dich verdächtigen.«

»Du bist kleinlich.« Sie verdrehte genervt die Augen. »Auf jeden Fall sind meine Freundinnen Jennifer und Silvia verschwunden. Ihre Familien habe sie als vermisst gemeldet.«

»Du kennst sie?« Er hatte ihren besonderen Tonfall bemerkt.

»Sie waren in meiner Klasse.« Sie seufzte, denn es erinnerte sie daran, dass ihre Schulzeit schon einige Zeit vorbei war.

»Und du meinst, dass ausgerechnet du sie finden kannst?« Noch hatte Peter Hoffnung, Miriam von der Verrücktheit und vor allem Aussichtslosigkeit ihres Plans zu überzeugen. Er war immer noch in sie verliebt, auch wenn sie seine Liebe bisher nie erwidert hatte.

Bei ihrer ersten Zusammenarbeit hatte er sich in sie verschaut, doch sie hatte ihm sehr bald zu verstehen gegeben, dass sie ihn zwar als Freund sehr schätzte, doch dass es von ihrer Seite nicht mehr werden würde. Er wusste, dass es ein paar kurze Männerbekanntschaften gegeben hatte, doch genau die waren vermutlich Schuld daran, dass sie jetzt den überzeugten Single gab.

»Von der Polizei weiß ich, dass sie vor kurzem zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen waren. Das ist ihr letztes Lebenszeichen.« Sie spürte, dass er noch nicht überzeugt war.

»Das haben sie dir gesagt?« Peter war erstaunt.

»Ich weiß es eben.« Wie sie das erfahren hatte, behielt sie lieber für sich. Sie hatte den Beamten um ein Glas Wasser gebeten und als er kurz den Raum verlassen hatte, hatte sie die Zeit genutzt und in der Akte geblättert, die er auf dem Tisch liegen gelassen hatte.

Peter runzelte die Stirn. Er ahnte, was sie als nächstes gemacht hatte.

»Ich habe mich ebenfalls dort beworben und bin hingegangen.« Ihre Augen zeigten wieder dieses gefährliche Leuchten.

»Und was war es für eine Firma?« Er verfluchte seine Neugier. Doch es war ihm insgeheim schon klar, dass er ihr nicht 'entkommen’ konnte.

Er hasste sich dafür, dass er ihr bisher nie seine Liebe gestanden hatte, doch er hatte Angst davor, einen Korb zu bekommen. So begnügte er sich lieber mit der Rolle des besten Freundes, genoss es, an ihrer Seite sein zu dürfen und versuchte, sie bei ihren meist spektakulären Abenteuern zu beschützen.

»Es war nur ein kleines Büro ohne Firmenlogo.« Miriam mochte seine Gegenwart, denn er gab ihr die Sicherheit, die sie brauchte. Sie glaubte einfach nicht mehr an die Romantik zu zweit. »Aber ich glaube, sie arbeiten in der Raumfahrt.« Sie grinste. »Natürlich hatten sie keinen Job für mich. Aber ich habe meine Nummer hinterlassen, falls sie eine Stelle für mich finden sollten.«

Er schüttelte seinen Kopf.

Sie dachte darüber nach, dass sie unter einem Vorwand auch die beiden Familien der vermissten Mädchen besucht hatte, doch dort hatte sie kaum etwas über ihr Verschwinden erfahren können.

* * *

Herr Breitsamer lächelte. »Ich hoffe nur, dass uns die Reporterin Frau Beckmann keinen zu allzu großen Ärger machen wird.« Er blickte wieder auf seine Schwester Sybille Breitsamer.

»Ich verstehe immer noch nicht, warum du sie herkommen lässt?« Sybille war verärgert, denn sie lehnte den Plan ihres Bruders, die Reporterin in Schloss zu holen, ab. »Was willst du dir beweisen? Bist du dir sicher, dass du weißt, was du tust?«

Doch dieser wiegelte ab. »Also selbst, wenn sie entkommen sollte, was ich für sehr unwahrscheinlich halte, wird ihr keiner glauben.« Er war etwas genervt. »Wir hatten das doch schon ausführlich diskutiert. Außerdem lässt sich es jetzt ohnehin nicht mehr ändern.«

»Immerhin kann sie in dem Kontroll-Anzug keinen Schaden anrichten.« Sybille lächelte. »Und du bist sicher, dass sie ihn tragen wird?«

»Sascha hat zu ihr Kontakt aufgenommen und ihr erzählt, dass er auch nach den beiden Mädchen sucht.« Er lehnte sich zurück. Sascha war ein Detektiv, besser ein Privatschnüffler, der jeden Auftrag annahm, wenn er nur genügend Geld einbrachte. »Von ihm hat sie von unserer Messe heute erfahren und von dem erforderlichen Dresscode.«

»Der Dresscode ist aber freiwillig.« Sybille nahm einen Schluck Kaffee.

»Das weiß sie aber nicht.« Er grinste. »Sie glaubt, sie käme nur auf die Party, wenn sie den Anzug trägt. Victor wird sie abholen.« Er war froh, dass sein Schwiegersohn bereit war, den Chauffeur zu spielen.

»Aber was, wenn sie die Show stört?« Sybilles Stimme zeigte ihre Besorgnis. »Es sind sehr wichtige Kunden anwesend.«

»Wir haben alles sorgfältig vorbereitet.« Er reckte sich etwas. »Sie wird uns den heutigen Abend nicht kaputt machen, da bin ich sicher.«

»Aber sie sieht doch alles und kann hinterher darüber berichten.« Sie hielt ihre Tasse in der Hand und blickte nachdenklich darauf. »Und ihr Freund wird sicher Fotos machen. Sie hatte sich an einer Mikrokamera erkundigt.«

»Sie werden das Schloss nicht wieder verlassen.« Er schaute ein wenig grimmig. »Jedenfalls nicht so, wie sie hergekommen wird.« Er griff zu einem Stück Papier und blickte seine Schwester an.

»Ich habe eine Presseerklärung vorbereitet.« Er las vor: »... müssen wir ihnen leider mitteilen, dass die beliebte Journalistin Miriam Beckmann und der Fotograph Peter Folkerts bei einem Hubschrauberflug zu einer Bohrinsel über dem Meer abgestützt ist. Von ihnen fehlt jede Spur.« Er ließ das Blatt wieder sinken. »Außerdem wolltest du doch schon immer eine Gefährtin für Bella haben.«

»Aber du setzt dabei die Firma aufs Spiel.« Sie blieb empört. »Warum hast du sie eingeladen? Was willst du dir beweisen?«

»Sieh es als einen Qualitätstest an.« Er lächelte. »Nach spätestens einer Woche ist sie auf unserer Seite.«

»Unterschätze sie nicht.« warnte sie ihn. »Sie hat auch den Minister zur Strecke gebracht.«

Er wiegelte ab. »Was kann uns denn wirklich passieren? Wir sind ein großer Rüstungskonzern. Wer würde ihr glauben?«

»Aber warum gerade sie?« Sie hakte nach. »Das ist ja fast so etwas wie eine Fixierung.«

»Weil sie so jung und unschuldig ist.« Er lachte. »Nicht nur im Herzen, sondern auch in ihrem ganzen Denken.«

»Dein altes Helfersyndrom.« Sie lachte. »Sie soll zu sich selber finden?«

»Wir zeigen ihr eine neue Welt.« Er blickte gedankenverloren auf den Tisch. »Wir spinnen sie in ein Netz, bis sie nicht mehr entkommen kann.«

»Damit du in dem Moment, in dem sie es realisiert...« Auf einmal erkannte sie einen Teil der Beweggründe ihres Bruders.

»Ja, das ist es.« Er unterbrach sie. »Ich will ihr in die Augen sehen, wenn sie es erkennt.«

»Hat sie denn überhaupt den Stolz, denn du brechen willst?«

»'Stolz ist das falsche Wort.« erwiderte er nachdenklich. »'Brechen' auch. Ich will sie vor allem als Spielzeug.«

Sie ahnte, dass ihr Bruder ganz konkrete Pläne für die Reporterin hatte. »Aber was machen wir mit ihrem Freund, diesem Fotographen?«

»Also erstens ist das nicht ihr Freund«, sagte er recht bestimmt. »Sie ist sehr überzeugter Single.«

Sie seufzte nur.

»Und außerdem ist er im Gegensatz zu ihr käuflich.« Er lächelte.« Er hat er ihr nur geholfen, die Fesseln anzulegen.« Er grinste. »An wen würdest du dich wenden?«

Sie überhörte seine Frage. Stattdessen seufzte sie »Dein Wort in Gottes Ohr.«

* * *

»Und was soll das da?« Peter zeigte auf das Bett, obwohl er die Antwort darauf eigentlich schon kannte. Immer wieder hatte er schon heimlich ungläubige Blicke darauf geworden. Er hatte diverse Kleidungstücke erkannt, von denen die meisten offensichtlich aus Leder oder Latex waren. Und es waren alles weibliche Kleidungsstücke.

»Das hat mir Sascha vermittelt.« Auch sie blickte gelegentlich auf das Bett und jedes mal überkam sie eine gewisse Nervosität.

»Wer zur Hölle ist Sascha?« Peter wusste natürlich, dass er keinen Grund zur Eifersucht haben musste. Doch Miriams Bekanntschaften kamen oft aus eher zweifelhaften Kreisen und das machte ihm eher Sorgen.

»Er ist Privatdetektiv.« Miriam strahlte, weil sie sich über ihren bisherigen Erfolg freute »Er wurden von den Familien mit der Suche nach den beiden verschwundenen Mädchen beauftragt. Er hat mir auch den Tipp mit der Party gegeben.«

Peter schüttelte den Kopf. Doch insgeheim wusste er schon, das Miriam nicht mehr von ihrem Vorhaben abzubringen war. Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dass zog sie das auch unbeirrt durch.

»Und von ihm hast du auch das da?« Peter zeigte wieder auf das Bett.

»Nein«, Miriam lachte kurz. »Aber er hat mir die Adresse des Schneiders vermittelt, der solche Sachen anfertigt.«

»Und wie soll das heute Abend ablaufen?« Seine Stimme zeigte seinen immer schwächer werdenden Widerstand an. »Wie hast du dir das vorgestellt?«

Miriam war für diese Signale sehr empfindsam, weil sie dies bei ihrer Arbeit brauchte. Sie ahnte, dass sie so gut wie gewonnen hatte. »Du hilfst mir mit dem Anzug, dann gehen wir auf die Party. Ich sehe mir alles an, wir befreien Jennifer und Silvia und dann lasse ich sie dann hochgehen. Mit Hilfe deiner Fotos« Sie holte tief Luft. »Ich verfolge diese Herren schon seit Monaten. Jetzt sind wieder Jennifer und Silvia auch noch verschwunden und auch ihre Spuren führen in ihre Richtung.« Sie blickte Peter eindringlich an.

»Sie?« Peter war von diesem Plan alles andere als überzeugt.

»Sie haben sich professionell organisiert und operieren streng geheim.« Sie holte tief Luft. »Böse Gerüchte sind im Umlauf und es ist sehr schwer, an sie heran zu kommen. Ich brauche deine Hilfe.«

»Miriam, du geht ein sehr hohes Risiko ein.« Doch noch während er sprach, fiel ihm auf, dass er diesen Satz bisher bei jedem ihrer Abenteuern voran gestellt hatte, und sie hatte sie davon noch nie aufhalten lassen.

Sie lächelte in sich hinein. Diesen Satz brachte er jedes mal, wenn sie ihn zu einem ihrer Abenteuer überredete.

Doch dann dachte sie daran, dass sie diesmal wirklich etwas außergewöhnliches vorhatte. Sogar ihre beste Freundin Gisela, die sich sonst für ihre Abenteuer nicht interessierte, hatte sich mit »Ich hoffe, wir sehen uns wieder« verabschiedet.

Ihre Freundin hatte ihr ein wenig geholfen, sich mit der Ausrüstung zu befassen, die jetzt auf dem Bett lag. Miriam war mehr als entschlossen, sich auch diesmal nicht von ihren Plänen abbringen zu lassen. Denn sie wusste, dass sie so eine Chance nicht so bald wieder bekommen würde.

Nur ihr Vater hatte sich nicht beirren lassen, als sie ihm die fünfstellige Rechnung präsentierte. Er nahm sie zur Hand, blickte kurz auf den Rechnungsbetrag, dann steckte er sie in seine Tasche. Er nahm seine Tochter in den Arm und drückte sie an sich. »Pass bitte auf dich auf.« sagte er nur, doch es reichte, dass Miriam einen Kloß im Hals hatte.

Sie bekam zwar von ihm nie Bargeld, aber dafür zahlte er jede Rechnung, die sie ihm präsentierte, ohne auch nur ein einziges Mal nach dem Zweck zu fragen. Insgeheim war sehr sehr stolz auf seine Tochter, die als sehr talentiert und begabt in der Öffentlichkeit gehandelt wurde.



»Gleich am Tag, nach dem ich ihn kennen gelernt habe, hat Sascha mich angerufen und wir haben uns in dem kleinen Café am Markt getroffen. Von ihm habe ich den Tipp mit der Party bekommen und er hat mir auch die Eintrittskarten besorgt.« Miriam erzählte von dem ersten Treffen. »Ich muss allerdings einen gewissen Dresscode einhalten und dafür habe ich diese Sachen bei dem Schneider bestellt. Gestern wurden sie geliefert.« Sie blickte Peter flehend an. Es war ihr Hypnoseblick, so hatte Peter ihn einmal nach einem Abenteuer bezeichnet. Ihr war es egal, so lange sie damit ihr Ziel erreichen konnte.

Peter blickte sie immer noch sehr zweifelnd an.

»Da ist eine Fernbedienung und eine Anleitung dabei.« Sie lächelte etwas verlegen. »Ich möchte das vorher ausprobieren. Wir dürfen uns nicht blamieren.« Sie wurde etwas rot. »Außerdem bin ich sehr neugierig.«



Peter kannte seine Miriam gut genug, um zu wissen, dass er sie nicht mehr umstimmen konnte. Ihr Blick verriet ihren Ehrgeiz und zeigte ihm eine gewisse Sucht nach Informationen und Abenteuern aus dem Dunkel der Gesellschaft.

Ihre Familie bedauerte es sehr, dass sie nicht eine normale Karriere eingeschlagen hatte und jetzt eine erfolgreiche Assistenz-Ärztin oder junge Anwältin war. Doch sie hielt immer noch zu ihr, besonders der Herr Papa.

Peter wusste, dass er ihr alles das finanzierte, was sie zu einem Abenteuer brauchte. Doch als er jetzt auf das Bett blickte, fragte er sich, ob der Papa wirklich wusste, was seine Tochter vorhatte.

»Die Party findet heute Abend statt und ich muss da unbedingt hin.« Ihre Stimme war sehr eindringlich.

Peter blickte wieder zu ihr und fühlte sich durch ihren Blick gefangen, mit dem sie ihn schon mehr als einmal regelrecht hypnotisiert hatte.

»Ich weiß, wo es stattfindet und ich habe eine Eintrittskarten dafür bekommen.« Sie blickte kurz auf den Tisch, wo die Karten lagen. »Die Einladung ist aber für einen Mann mit Begleitung und dafür brauche ich dich.« Sie versuchte ihren Blick zu intensivieren. »Ich bin leider deutlich sichtbar weiblich.«

»Leider.« Peter kam nicht umhin, darüber zu schmunzeln.

»Frauen sind nur als Begleiterinnen erlaubt und auch nur mit einem anscheinend sehr strengen Dresscode.« Diesmal blickte sie auf das Bett und in ihrem Augen war ein gewisses Leuchten zu sehen, welches sich aber auch mit etwas Zweifeln mischte.

Peter fühlte, wie sein Widerstand so langsam unter ihrem heftigen Beschuss mit Blicken zusammenbrach.

»Schau Miriam, ich möchte dir wirklich helfen. Es klingt wirklich nach einer großen Story. Aber...« Er deutete auf die Dinge, die auf dem Bett lagen. »Soll ich dir wirklich all diese Sachen anziehen? Das sieht doch sehr restriktiv aus.«

Der größte Teil der 'Kleidung’ auf dem Bett bestand aus Leder oder Latex und bei vielen Stücken waren zusätzlich noch diverse Riemen und Schnallen sichtbar. Vieles davon hatte Peter noch nie gesehen und er konnte nur raten, welchen tatsächlichen Zweck sie haben würden.

»Nennen wir es doch beim Namen.« Sie machte eine kurze Pause und lachte. »Es nennt sich Bondage. Soviel weiß ich schon.« Sie wurde etwas rot. »Ja, du musst mich fesseln und ich werde zu deiner Sklavin werden.«

»Zu meiner was?« Peter blickte Miriam fassungslos an.

»Ich habe mich informiert.« Sie hatte den Kampf gegen ihre Röte verloren. Sie leuchtete wie eine rote Laterne. »Ich werde mich nicht mehr bewegen können und du darfst mich deine Sklavin nennen.«

»Woher weißt du denn das?« Peter war über das Wissens eine Freundin mehr als erstaunt.

»Gisela hat mir einiges Material besorgt.« Sie zeigte auf eine Tasche, die am Bett lehnte. »Aber sie hat sich geweigert, etwas davon mit mir auszuprobieren.« Auf einmal musste sie lachen. »Du schaust genauso verdattert wie sie.«

»Nur das ich jetzt der schwarze Peter bin.« Er lächelte über das eher unfreiwillige Wortspiel. »Zum einen möchte ich dir nicht weh tun...« Er zögerte etwas. »Und außerdem möchte ich dich auch nach diesem Abenteuer....«

»Bitte lass uns anfangen.« Miriam unterbrach hin. Welche Pläne er für die Zukunft hatte, wollte sie jetzt überhaupt nicht wissen. »Du hilfst mir beim Anziehen dieser Sachen und dann holt uns der Chauffeur ab. Wir gehen auf die Party, ich schaue mir alles an und du machst Fotos. Wenn wir wieder daheim sind, dann lässt du mich aus den Sachen heraus und ich schreibe meine Story. Und du kannst die Bilder teuer verkaufen.«

Peter bemerkte, dass ihre Stimme etwas zitterte. »Du bist nervös, gib es zu. Wenn sie es merken und wir auffliegen, dann ...« Er schluckte. »Warum gehen wir nicht einfach gemütlich Essen und vergessen das Ganze hier.«

Miriam blieb gelassen. Es war sein übliches Gehabe. Sie wusste, dass sie ihn schon lange am Haken hatte. »Ja, ich bin nervös.« Sie versuchte, sich in seine Gedanken zu schleichen. »Aber ich bin diejenige, die gefesselt wird. Vergiss das nicht.« Auf einmal wurde ihre Stimme schwärmerisch. »Stell dir vor, wenn wir sie enttarnen und da ist ein Prominenter dabei. Ich sehe die Schlagzeile schon vor mir.«

Peter gefiel Miriams Begeisterung überhaupt nicht, doch wollte er sich auch nicht ausmalen, was so alles schief gehen konnte.

Auf einmal lächelte sie. »Dabei mag ich es überhaupt nicht, wenn ich meine Arme nicht mehr bewegen kann.« Es war wieder diese einzigartige alles gewinnende Lächeln, was sie zeigte. Und was es für Peter noch schwerer machte, es war kein künstliches Lächeln. »Bitte lass uns anfangen.« Sie blickte noch einmal zum Bett. »Bitte lass mich dein Eigentum sein und du mein Besitzer.« Jetzt war sie ein wenig verlegen.

»Wie bitte?« Peter blickte sie ungläubig an. »Wir sind was?«

»Besitzer und Eigentum.« Miriam lächelte etwas gequält. »So heißt das wohl in diesen Kreisen.« Sie blickte ihn herausfordernd an. »Alles was du tun musst ist, mich mit diesen Sachen sorgfältig zu fesseln, damit es echt aussieht. So etwas mögt ihr doch, ihr Männer.«

Peter druckste ein wenig herum. »Nun ja, einige von uns.«

* * *

Frauke Breitsamer hatte sich davon überzeugt, dass ihr Mann nicht im Raum war. Sie ging zum Telefon und wählte die kurze Nummer.

Wie üblich, meldete sich die Gegenstelle nur mit 'Ja'.

»Sie wird heute Abend den Kontrollanzug tragen. Sie werden ganz leichtes Spiel mit ihr haben.« Frauke sprach sehr leise. »Kennen sie sich mit dem Anzug aus?«

»Wir haben ein Exemplar der Bedienungsanleitung bekommen.« Die Gegenstelle machte eine bedeutsame Pause. »Ein faszinierender Anzug.«

»Mein Mann hat ihn entwickelt.« Fraukes Stimme zeigte neben viel Stolz auch etwas Ärger. »Es wird Zeit, dass er dafür Anerkennung bekommt.«

Die Gegenseite zeigte sich unbeeindruckt. »Wann erfolgt die Bezahlung?«

»Ich werde ihnen mitteilen, wo sie das Geld finden können.« Frauke legte auf.

Sie hatte lange genug zugesehen, jetzt wollte sie die Anerkennung, die ihr ihrer Meinung nach zustand.

* * *

Auf einmal wurde Miriam ernst. »Peter?« Sie setzte sich wieder auf den Stuhl ihm gegenüber. »Peter, du musst mir etwas versprechen.« Sie zögerte und es war ihr anzusehen, dass sie sehr mit sich kämpfte. »Ich habe lange darüber nachgedacht und ich denke, dass es nötig ist.«

Peter fühlte fast so etwas wie Panik, denn einen solchen Stimmungswechsel war er von ihr bisher nicht gewöhnt. »Was ist es denn?«

Wieder druckste Miriam etwas herum. Doch schließlich hatte sie sich überwunden. »Du musst mir das alles anlegen.« Sie zeigte auf das Bett. »Alles was da auf dem Bett liegt. Auch wenn es mir weh tun sollte. Ich werde das verkraften können. Lass dich bitte von meinem Flehen nicht erweichen. Ich möchte dieses Ding unbedingt durchziehen.« Sie war erleichtert, dass sie es jetzt ausgesprochen hatte.



Sie hatte sich die Ausrüstung vor ein paar Tagen nur oberflächlich angesehen und hatte auch nur kurz einen Blick auf das Begleitschreiben und die ausführliche Anleitung geworfen. Einiges davon hatte ihr damals Angst gemacht.

Es war ein großer Versandkarton, den der Bote abgegeben hatte. Miriam war so aufgeregt, dass sie sogar das Trinkgeld vergessen hatte. Sofort trug sie den Karton ins Wohnzimmer und stellte ihn auf den Tisch. Außen waren zwei Briefe aufgeklebt. Einer davon war der Lieferschein, auf dem anderen erkannte sie das Logo ihres Vaters. Diesen Brief riss sie zuerst auf. Es war ein Gruß ihres Vaters. »... Hier deine bestellte Ausrüstung. Ich hoffe, du weißt, was du tust. In Liebe, dein Vater.«

Sie lächelte. Ihr Vater war schon ein Schatz. Sie bekam zwar nie Bargeld von ihm, aber wenn sie für ihren Beruf etwas brauchte, dann hatte er stets und ohne nachzufragen die jeweilige Rechnung erstattet.

Miriam verzichtete darauf, ein Messer zu holen, sie riss den Karton einfach auf. Doch dann ihr Blick fiel auf weißes Seidenpapier und das verwandelte ihr Neugier ein wenig in Ehrfurcht. Sie schlug das Papier zurück und erblickte atemlos einen Ballettstiefel.

Sie keuchte, denn es war ihr schon zuwider, wenn sie bei irgendwelchen Anlässen ihre Highheels tragen musste. »Oh je, dass wird schwer.« dachte sie bei sich und packte weiter aus. Der zweite Stiefel kam zum Vorschein und vergrößerte Miriams Gefühl, das Gehen in diesen Stiefeln unbedingt üben zu müssen. Sie wollte sich schließlich nicht durch solche Nebensächlichkeiten verraten.

Als nächstes kam ein großes glänzendes Etwas zum Vorschein, welches Miriam erst auf den zweiten Blick als einen Catsuit identifizierte. Sie überlegt, ob sie ihn mal probetragen sollte, doch dann entdeckte sie die beiden Besucher, die sie dann in sich aufnehmen musste. Außerdem gab es im Schritt eine etwas dickere Stelle und diese würde genau auf ihrer Pussy liegen. Sie legte den Catsuit wieder vorsichtig zusammen. Es würde reichen, wenn sie dies am Samstag über sich ergehen lassen müsste. Jetzt wollte sie sich diese Erfahrung ersparen.

Sie keuchte, als sie das nächste Stück heraus nahm, denn es hatte ein erhebliches Gewicht. Sie erkannte es als ein wahres Monster von einem Korsett, welche vom Hals bis zu ihrer Hüfte reichen würde. Sie hielt es sich vor den Körper und drehte sich kurz vor den Spiegel. Doch sie brachte doch nicht den Mut auf, sich damit zu betrachten und legte es wieder auf ihr Bett, ohne einmal in den Spiegel geschaut zu haben.

Ein Rock kam aus nächstes aus dem Karton. Miriam hatte es zunächst für ein einzelnes Hosenbein gehalten, doch erst beim genaueren Untersuchen kam sie zu dem Schluss, dass es ein sehr enger Rock sein musste. Zum Glück, dachte sie sich, hat er wenigstens einen langen Gehschlitz. Den Reißverschluss daran erkannte sie zwar, das er zum Schließen des Schlitzes gedacht sein könnte, darauf kam sie nicht. Sie hatte ihn für Schmuck gehalten.

Sie legte ihn ebenfalls auf das Bett und setzte sich kurz daneben. Wie um Himmelswillen sollte sie Peter nur dazu bringen, ihr das alles anzulegen. Sie waren bisher gute Freunde, doch dies hier würde wesentlich weiter gehen.

Es waren noch drei Gegenstände in dem Karton und bei zweiten davon wusste sie zuerst gar nicht, welchen Zweck sie haben würden. Es waren ein Monohandschuh, eine Haube für den Kopf und so etwas ähnliches wie ein iPod. Den Handschuh erkannte sie nur, weil eine Skizze dabei war, die zeigte, wie dieses Ding zu tragen sei. Miriam realisierte, dass ihre Arme in dem Ding gefangen wären. 'Oh je, dann kann ich ja gar nichts mitschreiben' waren ihre spontanen Gedanken, doch dann lachte sie darüber. Eigentlich wusste sie ja schon, was sie erwartete, seit sie beim Korsettmacher gewesen war.

Es klingelte. Sie sah auf die Uhr und erschrak. Gisela, ihre Freundin wollte sie zum Einkaufen abholen. Sie rief ein 'Ich komme gleich.' in Richtung Tür, dann warf sie alles hastig in den Karton und verließ die Wohnung.

* * *

Atemlos blickte sie Peter an und hoffte sehr, dass er ihr das Versprechen geben würde. Für sie war jetzt der Rubikon schon überschritten. Sie wusste, dass sie etwas später einen Knebel tragen würde und deswegen wollte sie ihn jetzt ermutigen, wirklich konsequent alles anzuwenden, was der Bote geliefert hatte.

Denn eines war ihr klar, nur so käme sie als Sklavin glaubwürdig herüber. Und natürlich sie wollte sich auch davor schützen, falls ihr auf den letzten Metern vor ihrem Ziel doch noch der Mut abhanden kommen würde. Sie brauchte ihn, damit sie nicht auf den letzten Moment kneifen konnte.

»Bist du dir wirklich sicher?« Peter blickte sie mit großen Augen an. »Hast du dich auch gut darauf vorbereitet?«

Miriam holte tief Lust. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, denn diese Frage hatte sie erwartet. »In den Stiefeln kann ich leidlich gehen.« Sie befürchtete, dass Peter es ablehnen würde, wenn er erfuhr, dass das das einzige war, was sie gemacht hatte. Sie beschloss eine Notlüge. »Den Rest habe ich mit Gisela gemacht.« Doch schon als sie es aussprach, wusste sie aus seinem Blick, dass er ihr es nicht glaubte.

Gisela war ihre beste Freundin und manchmal war Peter fast so etwas wie eifersüchtig auf sie. »Wer weiß von deinen Plänen?«

»Keiner!« Miriam war die Geheimhaltung bei ihren Abenteuern sehr wichtig. »Ich habe es keinem erzählt.« Sie blickte Peter flehend an.

Peter nahm es sehr interessiert zur Kenntnis. »Bitte, ich will es nochmal im ganzen Satz hören.« Sein Unterbewusstsein sagte ihm, dass dieser Moment sowohl für sie beide als auch für das kommende Abenteuer wichtig war.

Miriam griff die sehr ernste Stimmung auf. »Peter, ich möchte, dass du mir alle diese Sachen anlegt, notfalls auch gegen meinen Willen. Das ist mein voller Ernst.« Sie blickte ihm mit ihrem Hypnoseblick sehr konzentriert an.

Doch noch gab sich Peter nicht zufrieden. »Das hier die eine Fernbedienung für den Anzug. Du weißt, wie weit du dich damit auslieferst?« Er lass ihr aus der Anleitung vor.

Doch Miriam hörte ihm kaum zu. »Nun mach schon, das ist die Chance meines Leben.«

Er fragte mehrmals nach, ob es auch wirklich ihr fester Wille sei. Sie bejahte es mit zunehmender Ungeduld.

Peter schwieg einige Zeit. Schließlich rang er sich zu einer Antwort durch. »Gut, wenn es wirklich dein Will ist, dann mache ich das.« Ein bisher unbekanntes Gefühl regte sich in ihm.