Glenview

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Glenview – Claire und Beverly

Autor: Karl Kollar

Er saß in seinem Arbeitszimmer und fragte sich, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, Glenview zu kaufen. Zugegeben, es war ein Schnäppchen, aber eines mit einer bewegten Vergangenheit. Und genau diese Vergangenheit drohte ihn jetzt schon zu überrumpeln.

Ruhe wollte er haben, doch sofort war diese Jennifer bei ihm aufgetaucht und hatte ihn mit ihrem Wunsch überrumpelt, hier gefesselt zu sein. Das war ihm gar nicht recht, doch als er ihre Tränen gesehen hatte, konnte er nicht anders.

Und jetzt hatte sich noch jemand angemeldet, eine Therapeutin und sie wollte auch noch ein Patientin mitbringen. Craig sah es schon vor sich, wie sich sein Wunsch nach Ruhe in Luft auflöste.

Eigentlich saß er an seinem Schreibtisch, weil er Ordnung in seine Papiere bringen wollte, doch der Gedanke an Jennifer ließ es nicht zu, dass er sich auf seine Arbeit konzentrieren konnte. Er wollte sie ignorieren, doch die Szene, wie sie sich eben selber ans Bett gefesselt hatte, ging nicht aus seinem Kopf. Besonders erinnerte er sich dabei ihren glänzenden Augen und er fragte sich, wie es ihr wohl gehen würde.

Seine Neugier siegte und er stand auf. Langsam ging der die Treppe hinauf und in den Trakt, wo sich die Gästezimmer befanden. Seit er Glenview übernommen hatte, wurde hier noch nichts verändert, doch sobald er etwas Luft hatte, würde er sich auch darum kümmern.

Es war still, als er vor ihrem Zimmer stand. Er horchte kurz. Dann trat er ein. Da lag sie ganz friedlich auf dem Bett. Sie war tatsächlich in ihren Fesseln eingeschlafen. Ganz leicht ging ihr Atmen und sie macht einen wirklich glücklichen Eindruck.

Genauso vorsichtig wie zärtlich strich er ihr die Haare aus dem Gesicht. Jennifer schien diese Berührung trotzdem zu spüren, denn sie schien im Schlaf ganz leicht zu seufzen.

Obwohl Craig eigentlich ziemlich sauer war, das sie sich bei ihm einquartiert hatte, schaffte es die so friedlich daliegende Jennifer doch, dass er sich um sie sorgte. Natürlich war er auch von ihrem Wunsch nach Fesseln sehr fasziniert, doch das wollte er sich nicht eingestehen. Im Gegenteil, ihn belastete mehr, das er jetzt eine gewisse Verpflichtung ihr gegenüber hatte, vor allem, wenn sie öfters so gefesselt werden wollte.

* * *

Es war bald Mittagszeit und Craig überlegte, was er wohl kochen könnte. Viel hatte er eh nicht vorrätig und so würde es wohl nur eine bessere Nudelsuppe werden. Er ging leise wieder aus dem Zimmer, ohne nicht noch einen letzten Blick auf die hilflose Gestalt geworfen zu haben.

Küche und Esszimmer waren im Erdgeschoss und so ging er wieder leise die Treppe hinunter. Selbst als er sicher außer Hörweite war, bemühte er sich, keinen unnötigen Lärm zu machen, so sehr hatte die Situation ihn schon gefangen genommen.

* * *

Mit dem Geschmack der Suppe war Craig zufrieden. Es war zwar kaum etwas im Haus, aber er war fast stolz auf sich, das er dennoch eine recht leckere Suppe zustande gebracht hatte. Er war es nicht gewohnt, für andere mit zu kochen.

In den Schränken im Esszimmer fand er Geschirr, Besteck und Tischdecken, damit konnte er auch den Tisch ansprechend decken. Dann trug er die Suppe auf, setzte sich an den Tisch und wartete auf Jennifer. Sie würde die Suppe sicher riechen und ihr Hunger würde sie dann schon nach unten treiben. Er wartete. Doch sie kam nicht.

Mit der Zeit wurde es ihm zu blöd. Er hatte Hunger und so beschloss er, schon einmal mit dem Essen anzufangen. Seine anfänglich gute Stimmung hatte sich verfinstert. Warum kam sie denn nicht zum Essen? Sie müsste doch auch Hunger haben.

Als er seinen Teller schon fast geleert hatte, fiel ihm auf einmal ein, das sie ja auf ihrem Bett festgeschnallt war und das sie gar nicht aus eigenen Stücken runter kommen konnte. Er schämte sich sehr. Jetzt traute er sich auch nicht mehr, sie zu wecken. Was würde das denn für einen Eindruck machen. Er nahm sich vor, ihr etwas zu Essen zu bringen, wenn sie wieder wach sein würde.

Er blickte auf die Uhr, in einer Stunde würde die Therapeutin kommen. Eigentlich wollte er Jennifer ja befreien, bevor sie kam, doch jetzt hatte er wegen dem Mittagessen ein schlechtes Gewissen. Er sagte sich, das es wohl besser wäre, sie schlafen zu lassen.

* * *

Es klingelte und Craig fluchte sofort. Wenn er etwas nicht mochte, dann wenn sie jemand nicht an die verabredeten Zeiten halten konnte. Diese Therapeutin war viel zu früh da. Er ging durch den Korridor zur Eingangshalle und öffnete die Tür.

Vor der Tür standen zwei Personen. Eine Blondine in einem grauen Kostüm mit geöffnetem Mantel drüber und eine etwas kleinere Schwarzhaarige, die ein altmodisches Cape trug.

Claire stellte sich vor: »Ich bin Claire Rosewool und das ist meine Patientin Beverly. Bitte entschuldigen Sie, das wir gleich so über Sie herfallen.«

Craig stellte sich ebenfalls vor und bat die beiden dann herein. Er wollte trotz allem höflich sein: »Möchten sie nicht ablegen?« Dabei blickte er sowohl Claire als auch Beverly erwartungsvoll an. Claire zog sich langsam den Mantel aus, dabei sie schien über etwas nachzudenken. Hingegen machte Beverly keinerlei Anstalten, ihr Cape abzulegen.

‘Na dann nicht’, dachte Craig, ‘wenn sie es anbehalten will.’ Er blickte noch einmal auf die Gestalt, die vom Cape verhüllt wurde. Es reichte bis zu ihren Waden und schien nur vorn einen einzelnen langen Reißverschluss zu haben. Armschlitze sah er keine. Doch er hatte keine Zeit, sich darüber zu wundern.

Claire blickte zunächst Craig an. »Sie müssen wissen, das Beverly schon mitten in der Therapie ist.« Craig konnte mit diesen Worten zunächst nichts anfangen.

Die Therapeutin ging auf ihre Patientin zu und machte ihr den Reißverschluss auf. Dann trat sie hinter sie und zog das Cape langsam nach hinten und dann nach unten. Craig stockte der Atem, als er sah, dass das Cape innen Ärmel hatte und dass Beverlys Arme da drinnen steckten. Die Wirkung dessen war im schlagartig bewusst und jetzt verstand er auch, was Claire mit der Therapie gemeint haben konnte.

Doch die Überraschungen sollten für Craig noch nicht aufhören. Während die Betreuerin noch damit beschäftigt war, das Cape zusammen zu legen sah er, das an Beverlys Handgelenken kurze kleine Ketten befestigt waren. Und kaum war Beverly aus dem Cape befreit, so hielt sie ihre Arme in die Nähe ihrer Taille.

Beverly stand ruhig da und wartete. Claire hatte das Cape zusammengefaltet und reichte es Craig. Dieser nahm es und legte es auf den die Kommode. Er sah, das Claire etwas mit Beverlys Armen machte, aber er konnte nicht genau sehen was.

Claire blickte ihn erwartungsvoll an und ihm wurde deswegen klar, das er ja als Gastgeber, auch wenn es nicht so ganz freiwillig war, doch gewisse Verpflichtungen hatte. Er führte seine Gäste in Wohnzimmer und bot ihnen Plätze an.

* * *

»Sie kennen ja die Geschichte von Glenview«, Claire begann recht unvermittelt. Craig musste ihr zustimmen.

»Meine Patientin Beverly hat zusammen mit der Tochter des Besitzer hier einen Teil ihres Lebens verbracht. Und zwar unter ziemlich üblen Umständen.«

Craig schwieg.

»Und jetzt braucht sie Hilfe, um wieder in ein normales Leben zurück zu finden.«

Er warf einen Blick auf Beverly. Sie trug eine weiße Bluse und einen wadenlangen schwarzen Rock, darunter schwarze Stiefeletten. Es sah fast wie eine Uniform aus. Die Arme hatte sie locker auf ihre Beine gelegt.

Claire kam gleich zur Sache »Ich werde zusammen mit Beverly hier in Glenview einziehen. Es ist sehr wichtig für sie, das sie in ihrer vertrauten Umgebung therapiert werden kann.«

Natürlich war Craig damit einverstanden, dass Beverly ihre Therapie bekam, doch erst nach einem Moment realisierte er, was die Therapeutin da eben gesagt hatte.

»Sie wollen was?« Craig versuchte noch zu verstehen, was jetzt auf ihn zu kommen sollte.

Claire ließ sich nicht beirren. »Glenview hat genügend freie Gästezimmer.« Sie blickte ihn an. »Ich habe mich informiert.«

Craig steckte in einer Zwickmühle. Einerseits hatte er ja nichts dagegen, das den Opfern von Glenview geholfen werden sollte. Aber er wollte seine Ruhe haben. Er versuchte zu widersprechen.

»Könnten sie nicht ein Hotelzimmer nehmen und zur Therapie hier her kommen?« Es war ein schwacher Versuch.

Doch Claire schien mit diesem Einwand schon gerechnet haben. »Wissen Sie, wie weit das nächste Hotel weg ist.«

Craig musste dies zugeben. Er hatte Glenview ja wegen der Einsamkeit und Ruhe gekauft.

Er fragte nach der Dauer der Therapie, obwohl er die Antwort eigentlich gar nicht hören wollte.

»Wir werden mindestens zwei Monate arbeiten. Und natürlich wird der Staat für alle Umbauten aufkommen.«

Im ersten Moment war Craig erleichtert, das er für die Umbauten nicht aufkommen musste, doch dann erst realisierte er, was es noch bedeutete.

Er hakte nach. »Was für Umbauten?«

»Wir werden einige Therapieräume umbauen«, erklärte Claire, »Ich habe schon mit der Baufirma gesprochen, die sie für die Renovierung beauftragt haben. Wir werden dann alle Kosten übernehmen.«

Craig fand diese Aussicht trotz allem wenig tröstlich. Seine Ruhe wäre endgültig dahin. Und außerdem war er nicht gefragt worden, der Staat in Person dieser Therapeutin hatte einfach sehr viel über seinen Kopf beschlossen. Ganz ohne ihn fragen oder auch nur ihn zu informieren. Craigs Laune verbesserte sich dadurch nicht.

Claire wandte sich an ihren Schützling. »Bist Du bereit, Deine Zelle zu sehen?«

Beverly blickte sie zunächst etwas unsicher an, dann nickte sie leicht. Ihr Blick blieb verunsichert. Ihre Betreuerin schien sie zu beschwichtigen. »Die kann nichts passieren. Ich bin bei Dir.«

Als Antwort stand Beverly auf und als sie stand, zeigte sie mit der Hand auf den Mund.

Claire sah diese Bewegung und schüttelte mit dem Kopf. »Nein, das geht so«, war ihre knappe Antwort.

In diesem Moment konnte Craig erkennen, was Claire vorhin mit Beverly gemachte hatte, denn jetzt war zu sehen, das ihre Hände mit den kurzen Ketten an der Taille befestigt waren.

Claire ging mit resolutem Schritt voraus, Beverly ging etwas verstimmt hinterher und Craig schloss sich missmutig an. Sämtliche gute Laune war bei ihm verschwunden.

Die Therapeutin schien sich in Glenview auszukennen, denn sie führte die kleine Gruppe sehr zielstrebig zu dem Zellentrakt, in dem auch die Zellen von Beverly und Jennifer lagen. Craig stöhnte innerlich.

Vor der Tür von Beverlys Zelle blieb sie stehen und nahm ihren Schützling in den Arm. »Bist Du bereit?« fragte sie vorsichtig.

Beverly blickte sie nur kurz an, dann so schien es, nahm sie all ihren Mut zusammen und trat in ihr ehemaliges Gefängnis.

Craig blieb draußen und wartete. Es fiel ihm allerdings auf, das er stets nur Claires Stimme hörte. Selbst wenn sie eine Frage an Beverly stellte, war keine Antwort zu hören.

Nach einigen Minuten schienen die beiden alles in der Zelle gesehen zu haben, denn sie kamen wieder heraus. Craig versuchte etwas in Beverlys Gesicht zu lesen, doch er konnte nicht erkennen, wie der Raum auf die ehemalige Insassin gewirkt hatte.

Claire riß ihn aus seinen Gedanken, denn sie gab das nächste Ziel ihrer Besichtigung bekannt. »Jetzt sehen wir uns die Gästezimmer an. Es sind ja genügend frei.«

Craig wurde immer ärgerlicher. Natürlich waren die Gästezimmer frei, aber sie konnte doch nicht einfach darüber verfügen. Ihm gehörte Glenview jetzt und nicht dieser Therapeutin.

* * *

»Na, bist Du endlich wach?« Jennifer hörte zunächst nur die Stimme von Schwester Berta und stöhnte. Diese Schwester war immer besonders gemein, grausam und hinterhältig.

Und richtig, sie schien es richtig auszukosten. »Du weißt, welcher Tag heute ist?« Sie wartete erst gar keine Antwort von Jennifer ab. »Heute bekommst Du Dein endgültiges Fesselgeschirr. Du weißt schon, dass was sich nicht mehr abnehmen lässt. Freust Du Dich schon?«

Jennifer zerrte an den Fesseln, die sie auf dem Bett festhielten. Das wollte sie auf keinen Fall. Sie hatte mehrfach erlebt, was bei den anderen Frauen passiert war. Sie wollte keine Gelenke haben, sie von außen arretierbar waren. Sie schrie, doch der Knebel in ihrem Mund dämpfte sie ziemlich gut.

»Ja, schreie nur, solange Du es noch kannst. Das wird auch bald vorbei sein.« Die Stimme der Schwester klang richtig sadistisch.

Jennifer zerrte an ihren Fesseln, doch diese hielten noch viel mehr Kraft auf, als Jennifer jetzt kurz nach dem Aufwachen aufbringen konnte. Sie wusste, das sie aus diesen Fesseln noch nie heraus gekommen war, doch jetzt war es um so dringender, denn sie wollte auf keinen Fall operiert werden und die Änderungen an ihrem Körper bekommen.

Die Tür ging auf und sechs Pfleger kamen herein. Jennifer geriet in Panik. Sie wusste was kommen würde, als die sie Liege sah, die von einem der Pfleger in den Raum geschoben wurde.

Wortlos kamen die Männer an Jennifers Bett und als Schwester Berta die dünne Bettdecke weggezogen hatte, hielten sie sofort Jennifer fest, während Berta die Bettfesseln öffnete.

Jennifer versuchte sich zu wehren, sie kämpfte wie eine Löwin, doch gegen die starken Arm der Pfleger hatte sie keine Chance. Hilflos musste sie erleben, wie die Männer sie auf Liege hoben und dort wieder festschnallten.

Immer wieder versuchte Jennifer zu kämpfen und sich zu befreien, doch sie hatte wirklich keine Chance. Sie wurde von Schwester Berta durch die Flure geschoben und sie wusste, wo es hin ging. Hier war ein kleiner Privat-OP eingebaut und dort sollte Jennifer jetzt die Änderungen an ihrem Körper bekommen. Mittlerweile liefen ihr auch Tränen über ihr Gesicht, doch sie wusste, dass das hier keinen beeindruckte. Und richtig, es nahm keiner Notiz davon.

In dem kleinen OP-Saal wiederholte sich das Ritual und sehr schnell war Jennifers Körper auf dem OP-Tisch fixiert. Sie hörte eine neue Stimme. »Schwester Gisela, geben sie der Patientin eine Beruhigungsspritze.«

»Wie stark, Doktor Paul?« fragte die angesprochene Schwester.

Der Arzt warf einen Blick auf den OP-Tisch. »Es darf schon die doppelte Dosis sein. Sie ist sehr aufgewühlt.«

Jennifer blickte voller Entsetzen auf die Spritze, die jetzt in ihren Arm eindrang.

Ein zweiter Arzt stellte eine Frage: »Sie haben gesagt, das wir heute etwas neues ausprobieren?«

Der Chefarzt erklärte: »Ja, wir werden diesmal anderen Stahl benutzen. Der wird vom Körper besser angenommen und es ist sogar möglich, das der mit dem Knochen verwachsen kann.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Es kann dann nicht mehr entfernt werden.«

Jennifer riss noch einmal an die Riemen vom OP-Tisch, ein letztes verzweifeltes Aufbäumen, es war schrecklich, sie wollte keine Änderungen an ihrem Körper und erst recht keine, die nicht wieder rückgängig gemacht werden konnten.

Eine andere Schwester war mit Gasflaschen beschäftigt. »Es ist alles für die Narkose bereit.«

»Dann beginnen sie.«

Jennifers Augen starrten nach oben und sie schrie, als sie die Maske sah, wie sie sich langsam auf ihr Gesicht senkte. Wieder zerrte und riss sie an ihrer Fesselung.

Sie spürte, wie sie jemand an der Schulter schüttelte. »Jennifer, Du musst aufwachen.«

Immer noch sah sie die Narkosemaske vor sich.

»Du hast einen Alptraum, wach auf.«

Sie schlug die Augen auf und blickte in das Gesicht von Beverly. Im ersten Moment wusste sie gar nicht, was los war, dann erblickte sie auch Craig und Claire, die dabei waren, sie von den Fesseln zu lösen, die Jennifer noch auf dem Bett fest hielten.

»Du hattest einen Alptraum.« erklärte Claire noch mal, während sie eilig die letzten Fesseln öffnete.

Jennifer blickte sich ganz erstaunt um und erst als sie erkannte, das sie eben aus einem Alptraum erwachte, beruhigte sie sich. Doch dann fing sie zum Erstaunen der anderen an zu Weinen.

»Es ist immer noch da«, schluchzte sie.

Claire ahnte wohl, um was es ging. »Du hast wieder von Glenview geträumt.«

Jennifer blickte sie erstaunt an. Dann berichtete sie ihnen von ihrem Traum. Man sah es allen an, das diese Erlebnisse auch bei ihnen eine Gänsehaut hinterließ.

Jennifer war ziemlich verzweifelt. »Ich hatte so gehofft, die Träume würden aufhören, wenn ich hier in Glenview bin. Doch so heftig wie eben war es noch nie.

Craig war es sichtlich unangenehm. »Können wir nicht ins Wohnzimmer gehen?«

Er wurde von Claire zurecht gewiesen, das er zu wenig Einfühlungsvermögen hätte. Jennifer habe gerade einen schweren Alptraum gehabt. Doch dann gab sie ihm überraschend Recht. »Eigentlich ist das doch eine gute Idee.

»Und jetzt sag mir erst mal wer du überhaupt bist und wer dich hier fest hält.« Sie warf einen sehr vorwurfsvollen Blick auf Craig. Doch dieser war sich keiner Schuld bewusst. Er wollte sich gerade verteidigen, als Jennifer selber erzählte, wie sie nach Glenview gekommen war und vor allem, warum sie hier gefesselt war.

Claire blieb misstrauisch. Sie hatte einfach schon zu viel andere Beispiele erlebt.

»Beverlys Anwalt hat darauf bestanden, das Beverly das Anrecht auf eine Therapie hat«, erklärte Claire und deswegen sind wir hier. Die Therapie muss hier in Glenview stattfinden.«

Jennifer sagte, das sie es auch hier wieder hergezogen hätte.

Claire beruhigte sie. »Das ist in Ordnung so. Sie müssen noch sehr viel verarbeiten. Das zeigt ja auch ihr Traum.«

Jennifer schwieg.

»Sie sollten sich der Therapie anschließen.« bot sie der ehemaligen Gefangenen an.

»Aber ich will nicht mehr von hier weg. Glenview ist doch mein Zuhause geworden.« Sie war irgendwie trotzig.

Statt einer Antwort stand Claire auf und ging langsam zu Beverly hinüber. »Schatz, sag doch mal, was die Therapie für dich bedeutet.« Claire hatte sich extra so gestellt, das sie zwar mit Beverly reden konnte und trotzdem Jennifer noch freien Blick auf Beverly hatte. Denn Jennifer blickte schon sehr erstaunt auf ihre ehemalige Gefährtin und war sehr erstaunt als diese statt einer Antwort nur die Hand etwas hob und mit dem ausgestreckten Finger auf ihren Mund zeigte. Jennifer war schon fast paralysiert, als sie entdeckte, das Beverlys Handgelenk mit einer kurzen Kette am Gürtel festgemacht war.

Claire lachte kurz, »Ach ja, Du kannst ja nicht reden.« Jennifer zuckte zusammen, so lange war ihr Alptraum noch nicht wieder weg.

Beverly hatte den Mund geöffnet und Claire griff mit zwei Fingern zwischen ihre Zähne. Sie zog etwas kräftiger und aus Beverlys Mund kam ein sehr großer Schaumstoffball.

»Danke«, ihre Stimme krächzte ein wenig.

Jennifer war total fasziniert davon, wie gut und doch auch unsichtbar ihre Kameradin geknebelt war.

Beverly nahm jetzt mit Hilfe des Strohhalms einen Schluck Wasser aus ihrem Glas, das sie bisher stehen gelassen hatte. Dann begann sie zu erzählen. Doch sie wurde sofort von Claire unterbrochen. »Es ist besser, wenn ihr allein unterhaltet. Ich denke ihr habt Euch viel zu erzählen. Geh mit Jennifer auf ihr Zimmer und dann erkläre, was bei Deiner Therapie so alles passiert.« Sie machte eine kleine Pause und suchte etwas in ihrer Handtasche. »Zeig ihr aus Deine spezielle ‘Unterwäsche’.« und sie gab ihr noch etwas in die Hand. »Hier ist der Schlüssel. Für alle Fälle.«

Jennifer und Beverly verließen den Raum. Es war zu erahnen, das die beiden sich viel zu erzählen hatten.

* * *

»Wir müssen hier natürlich noch einiges umbauen, damit es als Therapie-Ort in Frage kommt.« Claire hatte sich Mühe gegeben, ihrer Stimme keine große Bedeutung mitzugeben.

Doch Craig hatte das Wort »Umbauen« trotzdem nicht überhört. Er fragte nach, wer das denn bezahlen würde. »von mir kriegen sie dafür keinen Cent.« Er sah nicht ein, warum er dafür Geld ausgeben sollte.

»Der Staat wird die Umbaukosten übernehmen«, versicherte Claire und dann beschrieb sie ihm, was alles verändert werden sollte. Craig hörte nicht genauer zu. Er war in Gedanken bei Jennifers sehr seltsamen Alptraum und er hoffte ernsthaft für seinen Schützling, das Claire ihr auch helfen könnte. Dabei gab er sich auch Mühe, Claires attraktives Äußeres zu übersehen. Ganz gelang es ihm aber nicht.

* * *

Nach einer Zeit kamen Jennifer und Beverly zurück und setzen sich wieder zu Claire und Craig. Jennifers Augen leuchteten.

»Nun, hast Du es Dir überlegt?« fragte Claire mit vorsichtiger Stimme.

Jennifers Stimme war ziemlich leise. »Ja, ich möchte die Therapie machen.«