Die widerspenstige Erbin

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Die widerspenstige Erbin – Die Bekanntgabe der Erbin (August 1987)

Autor: Karl Kollar

Sonntag 16. August 1987 am späten Nachmittag

»Sitzt mein Handschuh richtig?« Alexandra war wie immer sehr besorgt um ihr Aussehen.

»Wie oft willst Du das denn noch fragen?« stöhnte Birgit, ihre Geliebte. Doch um sie zu beruhigen, kontrollierte sie noch einmal die Schnürung des Monohandschuhs und sie rückte auch noch einmal die gekreuzten Riemen über Alexandras Brust zurecht. »Da kann doch eh nichts verrutschen, Du weißt nur zu gut, wie sicher der Handschuh ist.«

Alexandra stöhnte etwas, doch dann lächelte sie. »Du hast ja Recht. Ich bin da noch nie raus gekommen. Aber heute will ich auch gut damit aussehen.«

Sie waren gerade aus dem Auto ausgestiegen und gingen jetzt die wenigen Schritte bis zum Innenhof der Burg.

»Ich bin schon sehr gespannt, wen Tanja auswählen wird«, sagte Birgit und streichelte dabei zärtlich über Alexandras Arme, die in dem ledernen Monohandschuh sicher verpackt waren. Diese drehte sich um und küßte Birgit noch einmal kurz auf den Mund.

»Sicher wird es Terry werden, ich kann mir gar nichts anderes vorstellen.« Alexandra blickte Birgit verliebt und verzückt an. »Hilfst Du mir bei den Stufen?«

»Mei, was ziehst Du Dir auch wieder so einen strengen Rock an.« Sie neckte ihre große Liebe ganz gern mal. Doch dann legte sie den Arm um ihre Freundin und half ihr bei den Stufen, die hinauf zum Festsaal führten. Alexandra hatte sich für einen wadenlangen sehr engen Lederrock entschieden und damit und auf ihren Stöckelschuhen war sie ziemlich unsicher unterwegs.

Sie hatten zuhause gelost, wer Fahren mußte und wer Fesseln tragen durfte und Birgit hatte verloren. Sie trug einen dunkelgrauen Hosenanzug und von weitem hätte man die beiden auch für Mann und Frau halten können.

Als Freunde der Familie waren sie eingeladen und es verband sie eine innige Beziehung zu Terry und deren Tante. Alexandras Mutter nähte ab und zu für Terry deren Fesselkleider und Alexandra durfte diese anprobieren, da sie ungefähr Terrys Figur hatte.

* * *

Sie traten in den großen Saal, der zur Feier des Tages sehr festlich geschmückt war. Terry kam ihnen entgegen und die drei Freundinnen begrüßten sich sehr herzlich.

»Du siehst toll aus.« Beide waren von Terrys Kleid begeistert. Wieder hatte sich die potentielle Erbin ein tolles Kleid anfertigen lassen.

»Findet ihr ?« Terry war etwas am Zweifeln.

Sie trug ein einfach geschnittenes Schlauchkleid aus blaßrosa Seide, welches sehr sehr eng an ihrem Körper an lag und ihre Figur sehr vorteilhaft zur Geltung brachte. Es war knöchellang und weil es keinen Gehschlitz hatte, konnte Terry auch nur winzige Schritte machen.

Trotzdem war sie mit diesem Kleid recht schnell unterwegs, gemessen an ihre fast nicht vorhandenen Beinfreiheit. Das Kleid war hochgeschlossen, der Kragen reichte ihr fast bis unter das Kinn und war als moderates Halskorsett gearbeitet. Es war ihr nur sehr schwer möglich, ihren Kopf zu drehen.

Dafür war direkt über ihrem Busen ein großer Ausschnitt in Form eines Herzens, der fast nichts versteckte. Und sie reckte ihren Busen schon deutlich heraus. Natürlich machte es Terry Spaß, sich so zu presentieren, das wußten Birgit und Alexandra schon lange, doch diesmal tat sie das nicht einmal freiwillig. Ihre Arme steckten auf ihrem Rücken in einem Monohandschuh, der in das Kleid eingearbeitet war. Dies konnten die Freundinnen gut sehen, als Terry sich einmal umdrehte.

Wie immer ließ sie sich überhaupt nichts anmerken, sondern war stolz und fast eine Spur hochnäsig.

Schmuck trug sie eigentluch keinen, doch in ihrer typisch trotzigen Art trug sie um ihren Hals einen Ballknebel in der Farbe genau zu ihrem Kleid passend und da der Ball nicht besonders groß war, hätte man es durchaus auch für normalen Schmuck halten können.

Birgit trat auf sie zu und nahm die Kugel in die Hand. »In der Einladung stand doch ausdrücklich ohne Knebel.«

Terry grinste nur etwas. Doch auf einmal verzog sie ihr Gesicht und blickte etwas bekümmert um sich. Alexandra blickte kurz in den Saal und erkannte den Grund für Terrys Stimmungswechsel. Elisabeth und Barbara, die Schneider-Zwillinge kamen auf Terry zu und diese mochte ihre Cousinen überhaupt nicht. Sie waren nur auf das Erbe aus, hielten aber von der Bondagetten-Tradition überhaupt nichts.

»Na Terry, willst Du uns nicht die Hand geben?« Elisabeth streckte ihre Hand aus und blickte Terry belustigt an. Nur scheinbar wurde sie von Barbara korrigiert, »Eli, Du siehst doch, das sie Dir die Hand nicht geben kann.« Sie sprach sehr hochnäsig. Dann blickten sich beide an und brachen in Gelächter aus.

»Du hast ja Recht...« Elisabeth macht eine kurze Pause, dann setzte sie noch einen drauf. »Laß uns etwas zu Trinken holen. Terry, sollen wir Dir etwas mitbringen?«

Terrys Lippen zitterten etwas, es war zu sehen, das sie in sich einen Kampf führte, doch sie beherrschte sich.

Sie war sehr erleichtert, als die Zwillinge wieder abzogen.

Birgit bildete sich ein, Terry gut zu kennen, doch das jetzt bei Terry eine Träne floß, hatte sie nicht erwartet. Sie nahm Terry in ihre Arme und diese lehnte sich dankbar an Birgit an. Alexandra trat auch an sie heran und mit ihren im Monohandschuh verpackten Armen versuchte sie ihre gemeinsame Freundin etwas zu streicheln und zu trösten.

Nach einigen Augenblicken hatte sich Terry wieder unter Kontrolle und tat, als wäre nichts gewesen.

* * *

»Das ist ja schön, daß ihr gekommen seid.« Baronin Tanja, die Schloßherrin und aktuelle Trägerin der Bondagetten-Tradition begrüßte die langjährigen Freundinnen von Terry.

Tanja trug einen dunkelblaues Kostüm und sah auf den ersten Blick aus, wie eine Geschäftsfrau und erst auf den zweiten Blick konnte man erkennen, das der sehr auf Figur geschnittene Rock gar keinen Gehschlitz hatte und das ihre Oberarme irgendwie steif am Körper anlagen.

Heute an diesem Tag würde sie bekannt geben, wer die zukünftige Erbin sein würde, denn sie selber hatte keine Kinder.

* * *

So nach und nach trafen auch die anderen Familien ein und nach einiger Zeit waren alle potentiellen Erbinnen versammelt.

Auf der kleinen Bühne, auf der früher der Thron des Herrschers stand, spielte eine kleine Band und im Saal reichten Bedienungen Getränke. Das Fest hatte begonnen.

 

Birgit und Alexandra standen an einem Tisch und betrachteten die anderen Gäste. Es waren jetzt alle acht Erbinnen anwesend und bis auf die Schneider-Zwillinge waren auch alle der Bitte gefolgt, dem Anlaß entsprechend Fesseln zutragen. Eine von ihnen trug Handschellen, die meisten waren mit Seilen über ihren Kleidern gefesselt, nur eine trug einen Monohandschuh. Terry mit ihrem Wahnsinnskleid stach richtig heraus.

Es wurde viel getanzt an diesem Abend, auch wenn es meist langsame Tänze waren. Nicht nur die Erbinnen selber trugen enge Kleider, auch die weiblichen Angehörigen waren der Tradition gemäß durch ihre Kleidung eingeschränkt. Nur Terry war ab und zu mal mit schnelleren Tänzen auf der Tanzfläche, aber stets allein. Sie war berüchtigt für ihre kaltherzien Körbe, die sie stets an die Männer verteilte. Und es war sowohl für Birgit als auch für Alexandra ein echtes Rätsel, wie sich Terry in dem Kleid so geschickt noch bewegen konnte.

* * *

Es wurde auf einmal ruhig im Saal und Baronin Tanja ging mit ernstem Gesicht auf die Bühne. Mit gefaster, aber deutlicher Stimme erzählte sie von der Bedeutung des heutigen Tages und von der besonderen Familientradition, die jetzt das erste Mal nach acht Generationen unterbrochen war. Sie erwähnte das Testament ihres Urahnen, auf dem die gesamte Tradition begründet war und sie zeigte noch einmal den Umfang des Erbes auf, es ging nicht nur um das Schloß, sondern es waren auch große Ländereien und ein beträchtliches Vermögen Bestandteil der Erbschaft.

Sie bat dann, das ihre acht Nichten doch bitte vortreten sollten. Es war ein sehr interresantes Bild, welches jetzt die acht jungen Damen boten und natürlich stach Terry deutlich heraus.

Tanjs Stimme wurde etwas leiser, als sie dann wieder zu sprechen anfing. »Hiermit erkläre ich meine Nichte Theresa Wintrop zur künftigen Erbin von Burg Trausnitz und zur aktuellen Trägerin der besonderen Bondagetten-Tradition.« Sie kam herrunter und holte Terry vor die Bühne.

Alle im Saal applaudierten, nur die Familie Schneider verließ augenblicklich den Saal.

Alexandra spürte, wie Birgit sie in die Arme nahm und sie schmiegte sich an ihre Geliebte. Ja, dachte sie, Terry hat es verdient. Und sie wird eine gute Erbin sein.