Die widerspenstige Erbin

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Die widerspenstige Erbin – Der Spieleabend (Februar 1988)

Autor: Karl Kollar

»Warum hast Du mir das Cape umgehängt? Du weißt genau, das ich das nicht mag«, Alexandra war nicht begeistert.

»Und wenn Dich jemand mit dem Handschuh sieht? Die schauen sowieso schon alle so blöd.« Birgit seufzte. Es war schon schlimm genug, das sie zusammen als Frauenpärchen in der Wohnung wohnten. Das sie sich auch noch gegenseitig fesselten, brauchte keiner zu wissen.

Alexandra schmollte etwas, doch sie hatte sich von Birgit in den Monohandschuh stecken lassen und deswegen war jetzt nicht mehr in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen. Allerdings genoß sie es, den Handschuh zu tragen und so ergab sie sich in das Cape.

Birgit ging zunächst zum Kofferraum, machte ihn auf und verstaute ihre Tasche darin. Viel war eh nicht drin, bloß ein paar Knebel und ihr Handschuh. Sie schloß die Beifahrertür auf und half ihrer Freundin beim Hinsetzen. Dann stieg sie selber ein.

Eigentlich war Autofahren in Fesseln ja ein Tabu, doch da sie nur den Burgberg hinauf und in den Burghof fahren wollten, waren sie sich beide einig, das sie es wohl riskieren konnten.

Birgit fuhr das Auto aus der Tiefgarage und blickte ihre Geliebte an: »Kannst Du gut sitzen?«

Diese stöhnte etwas: »Naja, es geht so. Es ist ja nur bis zu Burg hoch.«

* * *

»Ich finde es schön, das es mal wieder einen Spieleabend gibt, so wie früher.« Alexandra versuchte sich in dem Handschuh etwas zu strecken.

Birgit lächelte: »Früher ging es darum, Terry an die Fesseln zu gewöhnen. Man, haben wir uns blöde Regeln ausgedacht. Aber lustig wars.«

Alexandra schreckte etwas hoch. »Hast Du die Knebel eingepackt?«

Birgit nahm eine Hand vom Lenkrad und streichelte ihrer Geliebten über die bestrumpften Beine. »Ich habe alles eingepackt.«

Birgit nahm die Hand wieder an Lenkrad und führte den Wagen durch den engen äußeren Zwinger.

Alexandra blickte auf ihre Beine: »Hoffentlich fesselt Elke jetzt etwas vorsichtiger, ich hatte früher immer lauter Laufmaschen.«

Birgit mußte lachen. »Warum ziehst Du auch immer nur Röcke an? Hosen sind doch viel bequemer.«

Alexandra überhörte es: »Seit wann gibt es eigentlich diese Spieleabende?«

Ihre Geliebte mußte nicht lange nachdenken: »Seit Terry damals als Kandidatin für das Erbe in Frage kam. Sie hielt bloß nicht viel von den Einschränkungen.«

Sie fuhren in den Burghof ein und sahen, dass Tanja bereits auf sie wartete. Birgit fuhr bis vor die große Tür, machte den Motor aus und stieg aus. Sie hollte ihre Tasche aus dem Kofferraum und half dann Alexandra aus dem Auto.

Das Cape hatte sich im Auto gelöst und so stand Alexandra mit dem Handschuh im Burghof.

»Schick siehst Du aus.« lobte Tanja sie, während Alexandra etwas mit dem Handschuh spielte. Birgit kramte etwas in ihrer Tasche herum. Sie holte ihren Handschuh heraus und ging auf Tanja zu. Doch diese wehrte ab, »Jetzt kommt doch erst mal herein.«

Sie mochten beide die freundliche Art von Tanja und in der ersten Zeit war es ein beruhgender Gegenpol zu Terrys ruppiger Art.

Tanja bat die beiden in die große Halle und dann nahm sie Birgit den Handschuh aus der Hand. Sie drehte ihn in der Hand und meinte bewundernd: »Hey, ihr habt euch Neue machen lassen.«

Alexandra drehte sich um. »Ja, eine Maßanfertigung, schweineteuer, aber gut.« Es knarrzte etwas, als sie mit ihren Armen in dem Handschuh winkte.

Bitgit legte ihre Arme auf den Rücken und Tanja schob auch ihr die Lederhülle über die Arme. Sie war erstaunt: »Hey, die sind ja jetzt mit Reißverschluß.«

Alexandra war stolz: »Ja, so geht es viel schneller und eng genug sind sie auch.«

Tanja schloß den Reißverschluß, legte die Riemen vorn über die Schulter und machte sie wieder am Handschuh fast.

Terry kam in den Saal. »Oh schön, das ihr gekommen seid.« Sie begrüßten einander wie in den alten Zeiten, dem Reiben der Monohandschuhe seitlich aneinander.

* * *

Gemeinsam gingen sie in das Kaminzimmer, in dem Elke und Kathrin schon alles für den Spieleabend vorbereitet hatte. Beide wurde von dem Liebespaar erfreut begrüßt.

Auf dem Tisch lag das Spielebrett, es war ein einfaches »Mensch ärgere Dich nicht«, doch damals hatten sie es umgetauft in »Bondagette ärgere Dich nicht«. Es standen vier Gläser auf dem Tisch, in dreien steckte je ein Strohhalm. Alexandra grinste, wie damals.

Auch die richtigen Stühle standen bereit. Sie sahen auf den ersten Blick etwas seltsam aus mit der geteilten Rückenlehne, aber so war es möglich, mit dem Monohandschuh gequem auf dem Stuhl zu sitzen.

Elke fragte, ob sie die Regeln noch in Erinnerung hatten. Sie wiederholte noch mal. Bei jedem Rauswurf gab es eine weitere Fesselung, vier Stück für jedes Bein, dann wurde der Handschuh festgemacht, es gab das Halskorsett und in drei Teilen der Knebel mit dem Kopfgeschirr.

Wer zuerst alle Fesseln geschlossen hatte, durfte ausscheiden und die Fesseln geniessen. Wer als letzter übrig blieb, durfte festlegen, wie sie übernachten würden.

Das Spiel begann. Elke würfelte und Katrin erledigte das Fesseln. Schon bald konnte kaum noch jemand der drei Frauen die Beine bewegen.

Terry begann auf einmal zu erzählen. »Wegen dieser blöden Tussi muß ich jetzt eine Prüfung machen.« Birgit und Alexandra schauten etwas ratlos.

Terry erklärte weiter: »Ob ich als Erbin geeignet bin und ob ich mit dem Fesseln klar komme. So ein Quatsch.«

»Das sehe ich aber nicht so«, war auf einmal Tanjas Stimme zu hören, die das Kaminzimmer betreten hatte. »Es steht sehr viel auf dem Spiel und du solltest das sehr ernst nehmen.«

Tanja berichtete von der Rechtsanwältin, die von den Schneiders beauftragt war, die Rechtmäßigkeit des Erbes zu überprüfen.

»Wenn sie durchkommt, dann müssen wir das Schloß aufgeben und es den Schneiders überlassen.« Birgit und Alexandra begriffen den Ernst der Lage.

»Sie hat schon viel in der Bibliothek über die Tradtion gefunden und hat eine Prüfung ausgemacht, die sich die Bondagette früher stellen mußte.«

Das Spiel war vergessen und alle lauschten Tanja, wie sie von den Erfolgen der Anwältin erzählte.