Die Studentin – Ankunft im Paradies
Autor: Karl Kollar
Immer wieder hatte die junge Studentin Julia Sommer die Anzeige am schwarzen Brett der Universität gelesen. 'Mietfrei für Studentinnen gegen die eine oder andere Dienstleistung', so stand es da in kleinen unauffälligen Buchstaben. Der restliche Inhalt der Anzeige klang eigentlich recht viel versprechend, denn versprochen war ein eigenes Appartement in einem großen Haus mit Familienanschluss, falls gewünscht. Doch so verlockend es auch klang, der Zusatz konnte über die eigentlichen Mietbedingungen natürlich nicht hinwegtäuschen.
Als die Anzeige das erste Mal dort hing, gab es vor allem bei den Studentinnen einen großen Aufschrei, denn eine so sexistische Anzeige war einfach nicht akzeptabel. Der Zettel wurde in der Regel spätestens nach einer Stunde abgerissen, doch genauso regelmäßig wurde er anscheinend in der Nacht wieder erneuert. Mittlerweile hatten sich die Wogen geglättet, und der Zettel wurde hauptsächlich ignoriert.
Heute morgen hatte sie all ihre Habseligkeiten in die zwei Koffer gepackt, die jetzt all ihren Besitz darstellten, und hatte die kleine Studentenbude verlassen, in der sie bisher mit ihrer Freundin gewohnt hatte. Natürlich hatte sie schon seit langem gewusst, dass ihre Freundin die gemeinsame Wohnung aufgegeben hatte und zu ihrem Freund ziehen wollte, doch Julia hatte es einfach ignoriert.
Irgendwie hatte sie noch auf ein Wunder oder etwas ähnlich Unwahrscheinliches gehofft und sich nur um ihr Studium gekümmert. Sie hatte schon immer den Wunsch, Innenarchitektin zu werden und diesem Wunsch hatte sie bisher alles andere untergeordnet. Für ihren Traum war sie bereit, zu kämpfen, doch dieses Mal schienen ihr die Probleme trotz ihrer Natur als Kämpferin zu entgleiten.
Zu Beginn ihrer Flucht vom elterlichen Bauernhof hatte sie es gut durch kalkuliert und war der Meinung gewesen, dass ihre Ersparnisse für die Zeit des Studiums reichen müssten. Doch schon bald hatte sie erkennen müssen, dass ihre Kalkulation falsch war. Die Miete war deutlich teurer und auch das Studentenleben kostete Geld. Mit etwas Bedauern hatte sie sich um einen Job bemüht, doch das Jobben in der Studentenkneipe brachte ihr gerade mal so viel ein, dass sie sich das Essen und die Monatskarte davon leisten konnte. Seufzend dachte sie daran, dass sie auch das Geld aus der Erbschaft ihrer Oma schon aufgebraucht hatte, obwohl sie es ursprünglich als die eiserne Reserve eingeplant hatte.
Bisher hatte sie sich die Miete mit ihrer Freundin geteilt, und Julia hatte ihren Anteil von dem Geld bezahlt, welches sie seit ihrer Konfirmation gespart hatte. Doch jetzt war das Geld aufgebraucht, und Julia konnte das Angebot des Vermieters, die Wohnung allein zu übernehmen, nicht annehmen, denn sie konnte die verlangte Miete bei weitem nicht aufbringen. Trotzdem war sie immer noch entschlossen, ihr oberstes Ziel zu verfolgen und Innenarchitektin zu werden.
Mit Tränen in den Augen hatte sie sich heute morgen von ihrer Freundin und der gemeinsamen Zeit verabschiedet und stand gleich darauf mit ihren zwei Koffern wortwörtlich auf der Straße. Zunächst hatte sie ihr Weg in die vertraute Universität geführt, und dort lauschte sie anbetungsvoll den Worten der Professoren, während ihre beiden Koffer auf dem Platz neben ihr standen.
Während der Vorlesungen konnte sie ihre Probleme ein wenig verdrängen, doch eines wusste sie sicher: Sie wollte nicht auf den Bauernhof ihrer Eltern zurück. Sie war auch vor dem Leben geflüchtet, das dort auf sie gewartet hatte und wohl auch noch wartete. Sie hätte den ungehobelten Klotz vom Nachbarhof heiraten sollen und hätte dann das traurige Leben einer Bäuerin führen müssen. Immer wenn sie an ihre Heimat dachte, wurde sie wütend, auch heute noch. Ihre Eltern hatten sie einfach so verkuppelt, weil es schon immer so Brauch war in ihrem Dorf.
Immerhin hatten sie ihr und ihren Brüdern sehr früh den Führerschein finanziert. Doch jetzt im Rückblick wusste sie auch den Grund dafür. Für den Beruf als Bauer war Mobilität einfach wichtig. Doch in ihrer jetzigen Lage half ihr das auch nicht weiter.
Seufzend hob sie ihre zwei Koffer hoch und schlich langsam zum Ausgang des Unigebäudes. Das Wort 'obdachlos' drängte sich langsam in ihre Gedanken, doch auch jetzt war sie noch nicht bereit, dies als die traurige Realität anzuerkennen.
Doch auf dem Weg zu dem großen Portal fragte sie sich, wohin sie eigentlich gehen wollte. Zu den Eltern zurück wollte sie auf keinen Fall, und die Schlüssel für die gemeinsame Wohnung hatte sie heute morgen abgegeben. Wieder seufzte sie und stellte ihre Koffer ab.
In der Tageszeitung hatte sie natürlich die Mietanzeigen studiert, doch selbst für die billigsten Angebote fehlte ihr das nötige Geld, und neues war auch nicht in Aussicht.
Fast wie in Zeitlupe drehte sie sich um und blickte wieder zu der Anzeige, die sie jetzt fast zu rufen schien. Bis vor kurzem hatte sie sich noch zusammen mit ihren Kommilitoninnen noch darüber lustig gemacht und spekuliert, wie verzweifelt ein junges Mädchen wohl sein müsse, um auf so ein Angebot einzugehen. Jetzt stellte sie mit viel Sarkasmus fest, dass sie alle diese Kriterien erfüllte. So traurig es auch war, jetzt stellte der Zettel so etwas wie ihre letzte Hoffnung dar. Und dafür hasste sie sich.
Doch dann ertappte sie sich schon dabei, dass sie dabei war, das Guthaben auf ihrem Handy abzufragen. Noch würde das Geld für einen Anruf ausreichen, auch weil sie ansonsten sehr sparsam damit war.
Wieder seufzte sie, dann steckte sie das Handy zurück in ihre Tasche und hob die Koffer hoch, um dann mit traurigen Schritten zu der Anzeige zu gehen.
Seufzend riss sie sich einen der Zettel mit der Telefonnummer herunter und griff zu ihrem Handy. 'Dann mache ich eben die Beine breit', überlegte sie sich und verachtete sich aber gleichzeitig dafür. 'So schlimm wird es schon nicht sein. Danach gleich unter die Dusche und die Miete wäre bezahlt.' Seufzend und mit etwas Tränen in den Augen begann sie die Nummer zu wählen.
Sie hörte, wie die Nummer gewählt wurde, dann kam der Rufton. Es klingelte zwei Mal, dann meldete sich eine sympathische Frauenstimme. »Hegel«
Julia war ziemlich verwirrt, sie hatte eine Männerstimme erwartet und stotterte etwas. »Es... es ... geht um die Wohnung... den Zettel... Ähm.« In ihrer Verwirrtheit hatte sie sogar vergessen, sich vorzustellen.
Frau Hegel schien sofort Bescheid zu wissen. »Ja, die Wohnung ist frei und zu besichtigen. Kommen sie doch einfach vorbei, ich bin den ganzen Tag zuhause.« Sie nannte eine Adresse und beschrieb den Weg, dann fragte sie Julia noch ihrem Namen und ihrer Telefonnummer.
Julia nannte ihre Daten und versprach, dass sie sofort vorbei kommen wollte, dann legte sie auf und machte sich mit ihren Koffer auf den Weg.
Erst jetzt fiel ihr auf, dass die Adresse, die die nette Frau ihr gegeben hatte, sich in Grünwald befand, dem sehr noblen Vorort von München. Früher war sie öfters mit ihrer Freundin zusammen in der Straßenbahn hinaus gefahren und hatten die recht mondäne Atmosphäre genossen.
Die nette Frau hatte ihr sogar beschrieben, wie sie am besten fahren sollte und dass es das Haus gleich neben der Haltestelle wäre.
Ein wenig ermutigt nahm sie ihre Koffer und ging in Richtung U-Bahn. Dass sie sofort einen Besichtigungstermin bekommen hatte, kam ihr nicht verdächtig vor, im Gegenteil, sie empfand es eher als Glück.
* * *
Frau Hegel legte den Hörer auf und ging das Telefonat in Gedanken noch einmal durch. Das Mädel hatte eine sympathische Stimme, und sie hatte nicht sofort nach den Bedingungen gefragt. Ein kleines Fünkchen Hoffnung glimmte auf.
Sie schaute auf die Uhr und erkannte sofort, dass sie sich beeilen musste, wenn bis zu der Ankunft der neuen Mieterin alles bereit sein sollte.
Sie hob noch einmal den Hörer ab und wählte die vertraute Nummer.
Ihr Mann meldete sich.
Ihre Stimme zitterte leicht, sie bemühte sich, sie im Zaum zu halten. »Stell Dir vor, mein Schatz, wir bekommen vielleicht eine neue - 'Tochter'.« Vor dem Wort Tochter hatte sie eine bedeutungsvolle Pause gemacht. »Sie kommt gleich und stellt sich vor.«
Ihr Mann Professor Hegel freute sich deutlich hörbar.
»Ich fange wieder mit dem Mantel und dem Nachthemd an.« Sie seufzte. »Vielleicht klappt es dieses Mal.«
»Mach, was Du für richtig hältst.« Ihr Mann stimmte ihr zu. »Vielleicht ist es ja dieses Mal die Richtige. Ich liebe Dich.« Er legte auf. Er wollte seine Frau nicht daran erinnern, dass es von der Terminlage her ihre letzte Gelegenheit war.
Sofort machte sich Frau Hegel auf in den Raum, den sie wie jedes bisherige Mal auch als das Zimmer ihrer Tochter ausgegeben hatte. Eigentlich war es schon perfekt für eine neue Mieterin vorbereitet, doch seit sie Frauke erlaubt hatte, es gelegentlich zu benutzen, wollte sie doch sicher sein, das alles in Ordnung war.
Wie üblich stand das Dienstmädchen an dem Erkerfenster nach Osten und blickte hinaus, als Frau Hegel das Zimmer betrat. »Frauke, bitte betreten sie ab sofort dieses Zimmer nicht mehr.«
Frauke zögerte ein wenig.
»Wir bekommen eine neue Mieterin, und ich möchte nicht, dass sie sie stören.« Frau Hegel zeigte energisch auf die Tür.
Frauke setzte eine Schmollmiene auf, dann ging sie mit langsamen Schritten aus dem Zimmer. An der Tür blickte sie noch einmal sehnsüchtig zurück in den Raum, der für sie so etwas wie Hoffnung darstellte und der ihr jetzt scheinbar versperrt war. Doch insgeheim wusste sie, dass auch eine neue Mieterin sie nicht davon abhalten konnte, ihren Träumen nachzugehen.
Nachdem sich die Tür geschlossen hatte, blickte Frau Hegel noch einmal recht kritisch durch den Raum. Es sah so aus, als hätte ihre Tochter das Zimmer nur mal kurz verlassen. Ein klein wenig Unordnung und doch auch sauber und gepflegt. Es hatte sie beide auch viel Mühe gekostet, das Zimmer in diesen Zustand zu bringen, und Frau Hegel musste oft an ihre eigene Jugend zurück denken, um es richtig einzurichten. Denn eine eigene Tochter hatte es nie gegeben.
* * *
Julia war sehr beeindruckt von dem großen zweistöckigen Haus, vor dem sie jetzt angekommen war. Es stand allein auf einem großen Grundstück, und zu den Nachbarhäusern, die nicht viel kleiner waren, war viel Abstand. Es war das Haus oder besser die Villa, die ihr schon bei den vielen Straßenbahnfahrten durch Grünwald aufgefallen war.
Gerade wollte sie auf das eher bescheidene Messingschild drücken, als das Tor schon surrte und sie nur noch dagegen drücken musste.
Die Haustür ging auf und eine Frau im mittleren Alter trat heraus. Julia war sehr überrascht, als sie feststellte, dass die Frau genauso sympathisch aussah, wie ihre Stimme geklungen hatte, wenn es denn Frau Hegel war.
»Hallo! Sie haben eben angerufen?« Frau Hegel konnte es nicht verhindern, dass ihre Stimme ein wenig zitterte, als sie sich vorstellte.
Julia war wie bei dem Telefonat etwas überrumpelt und konnte erst einmal nur kurz nicken. Sie räusperte sich und nannte dann ihren Namen.
»Dann kommen sie herein, sie möchten sich sicher die Wohnung ansehen.« Frau Hegel machte eine einladende Handbewegung.
Julia hatte ihre Sorgen wegen der Miete schon fast vergessen, denn die Frau machte einen sehr sympathischen Eindruck. Doch sie wusste, dass das Thema sicher noch kommen würde. Ob Frau Hegel etwa...? Nein, das konnte doch nicht sein. Sie schalt sich eine Närrin.
Das Haus war wirklich schön und gemütlich, und es wirkte viel größer, als sie es sich vorgestellt hatte. Es war sehr geschmackvoll eingerichtet und es gab wenig, was Julia mit ihrem Blick als angehende Innenarchitektin störte.
Ihre Augen leuchteten jetzt schon. Ja, hier würde sie wunderbar wohnen können. Doch wie würde es mit der Miete sein? Wieder legten sich ein paar Sorgenfalten auf ihre Stirn.
Es schien, als könne Frau Hegel ihre Gedanken lesen. »Sie wissen, das wir wegen der Miete kein Geld wollen.«
Julia nickte. Jetzt kam es. Sie wollte gerade den Mund aufmachen, als Frau Hegel schon weiter sprach. »Wir möchten, dass sie die Kleidung unserer Tochter tragen. Sie könnte ihnen sogar ohne Änderung passen.«
Julia war noch ganz in ihren Vorurteilen gefangen. »Ja, so einmal pro Monat, oder?« Ihre Stimme klang traurig, dann erst realisierte sie, was Frau Hegel gerade gesagt hatte.
Doch die Frau des Professors hatte ihre Antwort schon aufgenommen und ihre Stimme klang scheinbar etwas verwundert: »Naja, wir hatten schon an 'täglich' gedacht.«
Julia riss es erst jetzt aus ihren Vorurteilen, »Bitte, was haben sie gesagt?«
Frau Hegel spürte die Verunsicherung, aber auch die Erleichterung von Julia und macht mit ihrem vorbereitetem Plan weiter. »Wir möchten, das sie so oft wie möglich die Kleidung unserer Tochter tragen.« Sie versuchte einen glaubhaften Seufzer und gab sich Mühe, ihre Stimme traurig klingen zu lassen. »Sie ist nicht mehr bei uns und wir vermissen sie sehr. Sie würden uns damit auch eine große Freude machen.«
Julia war sichtlich überrumpelt, »Ich hatte an ganz was Anderes gedacht.« Dabei wurde sie ziemlich rot.
'Es klappt jedes Mal', dachte Frau Hegel bei sich. »Nein, mein Kind, so etwas würden wir doch nicht von ihnen verlangen. Haben sie das wirklich gedacht?« Es war zwar gemein und hinterhältig, so mit den Vorurteilen junger Mädchen zu spielen, doch es erfüllte seinen Zweck, und das ziemlich zuverlässig.
Julia war sehr erleichtert und versuchte ihrerseits, das unangenehme Thema zu überspielen. »Welche Kleidung soll ich denn tragen?« Was sie nicht wusste, war, dass ihr Gegenüber das so sogar vorhergesehen und erwartet hatte.
Frau Hegel sah sich auf dem richtigen Weg. »Wir dachten für den Anfang an ihren Ledermantel und das seidene Nachthemd.«
Julia schaute etwas unsicher, weil sie es noch nicht so recht glauben wollte.
»Den Mantel natürlich nur, wenn sie draußen sind«, fügte Frau Hegel geradezu beiläufig hinzu.
»Und das wäre meine Miete?« Julia wollte es immer noch nicht glauben. »Das kann doch nicht sein.«
»Doch, genau das wird ihre Miete sein.« Sie zögerte etwas und dachte bei sich, dass sie jetzt scheinbar ehrlich sein müsste. »Okay, die Kleidung ist etwas ungewöhnlich, unsere Tochter hatte da einen ganz eigenen Geschmack.«
»Das wäre zu schön«, Julia sah auf einmal alle ihre aktuellen Sorgen gelöst.
»Ich würde ihnen gern ihr Zimmer zeigen.« Frau Hegel spannte ihr Netz weiter.
»Oh ja, natürlich.« Julia erinnerte sich nur langsam daran, dass es vielleicht noch ein paar Hürden geben könnte.
* * *
Julia war sofort angetan von dem sehr großen und freundlichen Zimmer, und verglichen mit ihrem früheren Zimmer auf dem Bauernhof war das hier purer Luxus. Sie begann wirklich Vertrauen zu fassen. Und das mit dem Mantel wäre sicher eine läppische Sache. Sie war zu glücklich, um misstrauisch zu werden. Fragend blickte sie Frau Hegel an: »Ist denn an dem Mantel so was besonderes?«
Diese hielt innerlich den Atem an, denn sie wusste nicht, wie Julia wirklich auf den Mantel reagieren würde. »Augenblick, ich würde ihnen den Mantel einfach zeigen.« Sie verließ den Raum und kam kurz darauf mit dem Kleidungsstück zurück. Sie hatte Julias Größe geschätzt, jetzt hoffte sie, dass ihr Augenmaß sie auch diesmal nicht um Stich gelassen hatte. Ansonsten hatten die Mäntel alle die gleichen Eigenschaften. Sie hielt Julia den Mantel hin.
Julia war sofort fasziniert von dem glatten und leicht glänzendem Leder. Zärtlich strichen ihre Finger über das weiche Material. Schließlich steckte ihre Arme in die Ärmel und ließ sich von Frau Hegel in den Mantel helfen.
Diese trat vor sie und machte den langen Reißverschluss zu. Dann blickte sie die Studentin neugierig an.
»Das ist doch ein ganz normaler Mantel, oder?« Julia begriff zuerst nicht.
Frau Hegel hielt innerlich den Atem an, denn es war immer ein spannender Moment, wenn die Mädchen ihre Hilflosigkeit entdeckten. »Na, dann versuchen sie mal, ihre Arme zu bewegen.«
Julia stellte erstaunt fest, das ihre Arme zwar in den Ärmeln zwar ein wenig Spiel hatten, aber die Ärmel gaben nicht nach. Wenn Julia ihre Arme wirklich bewegen wollte, zwangen sie sie dazu, ihre Arme längs am Körper zu halten. Sie blickte Frau Hegel fragend an. »Das ist aber ein seltsamer Mantel. Hat den ihre Tochter wirklich getragen?«
»Carolin hatte sich das so gewünscht.« Frau Hegel war über Julias Antwort erleichtert, denn einige der anderen Mädchen hatten schon weitaus schlimmer reagiert. »Wir haben ihn nach ihren Wünschen umarbeiten lassen.«
Julia zögerte, so ganz geheuer war ihr das Ganze noch nicht.
»Ihre Miete besteht darin, draußen wann immer es sich anbietet, diesen Mantel zu tragen.« Frau Hegel setzte nach. »Natürlich werden wir dabei auf sie aufpassen, denn wir wissen, dass sie damit etwas behindert sind.« Sie holte scheinbar tief Luft. »So wie der Mantel jetzt ist, müssen sie ihn für die Miete tragen.«
Julia glaubte, mit ihrem noch vorhandenen Misstrauen etwas zum Nachfragen gefunden zu haben. »Was meinen sie damit?«
Frau Hegel war erleichtert, dass ihre zukünftige Vermieterin den Köder anscheinend schon geschluckt hatte. »Der Mantel kann auch noch strenger sein.« Sie lächelte hintergründig. »Darf ich ihnen das eventuell vorführen?«
»Gehört das auch zur Miete?«, fragte Julia immer noch recht unsicher.
»Nein.« Frau Hegel schüttelte mit dem Kopf. »Aber vielleicht gefällt es ihnen ja trotzdem.«
Julia nickte vorsichtig. Sie wollte es nicht riskieren, kurz vor dem Ziel doch noch abgewiesen zu werden.
Frau Hegel kniete sich vor Julia hin und bat diese, ihre Beine einmal eng aneinander zu stellen. »Carolin wollte hier einen zweiten Reißverschluss haben, und wenn ich den zumache, dann wird der Mantel noch etwas enger.«
Julia hörte das dieses typisches Ratschen und als Frau Hegel sich wieder aufrichtete, versuchte sie, ihre Beine zu bewegen. »Oh, das ist allerdings etwas strenger.« Sie lächelte verlegen, dann versuchte sie ein paar Schritte zu gehen. »So kann ich nur ganz langsam gehen.«
»Wie gesagt, die strenge Variante müssen sie nicht tragen.« Frau Hegel gab sich verständnisvoll. »Das ist gefährlich, weil sie dann wirklich sehr hilflos sind.«
Julia war über die scheinbare Ehrlichkeit sehr beeindruckt. Und doch war da noch ein Rest von Misstrauen, denn es erschien auf einmal alles so einfach. »Und wie lange kann ich hier wohnen?«
»So lange sie wollen, und sie bekommen einen normalen Mietvertrag.« Erleichterung machte sich bei Frau Hegel breit. »Nur die Miete wird anders geregelt.«
Für Julia schienen sich auf einmal alle Sorgen aufgelöst zu haben, die sie bis vor kurzem noch plagten. Sie hatte eine neue Unterkunft und konnte sogar die Miete selbst erbringen. Das war der Punkt, der ihr bisher am meisten Sorgen gemacht hatte. Jetzt würde sie sich wieder ungestört ihrem Studium widmen können.
Jetzt blieb aus ihrer Sicht nur noch ein Punkt: »Ab wann könnte ich einziehen? Ich stehe nämlich wortwörtlich auf der Straße.« Es kostete sie etwas Kraft, dies auszusprechen.
»Von mir aus könnten sie gleich hier bleiben.« Frau Hegel macht innerlich ehrliche Freudensprünge, weil es dieses Mal sehr viel versprechend verlief. »Das Zimmer steht leer und ist sofort bezugsfähig. Hier wäre der Mietvertrag zum Unterschreiben.«
Alle möglichen Gedanken gingen Julia durch den Kopf, doch stets blieb Eines über, es wäre traumhaft. Immer noch im Mantel blickte sie Frau Hegel an und sagte leise, »Ja, ich möchte das Zimmer haben.« Etwas leiser sprach sie weiter. »Ich würde aber gern noch den Mietvertrag lesen.« Aus dem Internet kannte sie diverse Erzählungen mit versteckten Klauseln in den Verträgen, entsprechend wollte sie sich abgesichert wissen.
Frau Hegel zeigte auf den Tisch, wo der Vertrag lag. Julia trippelte an den Tisch, setzte sich und begann zu lesen. Erst als sie umblättern wollte, fiel ihr auf, dass sie ja noch den Mantel trug. Sie war so aufgeregt, dass sie es erst jetzt bemerkte. Unsicher blickte sie ihre Vermieterin an. »Ich kann nicht umblättern.«
»Dann stehen sie bitte noch einmal auf.« Frau Hegel ging zu ihr hin und half ihr aus dem Mantel.
Julia bedankte sich und setzte sich wieder an den Vertrag. Soweit sie das beurteilen konnte, war es ein ganz normaler Mietvertrag. Trotzdem las sie auch das Kleingedruckte und inspizierte die Zusatzvereinbarungen, in denen allerdings nur die besonderen Modalität bezüglich der Miete geregelt wurden. Dort war allerdings sowohl von dem Mantel als auch von einem Nachthemd die Rede war. Auch von einem gemeinsamen Abend war die Rede. Julia fragte diesbezüglich nach. »Das Nachthemd ist wahrscheinlich so etwas ähnliches der Mantel?«, fragte sie Frau Hegel.
»Ja, das ist auch von meiner Tochter.« Frau Hegel zögerte ein wenig. »Wenn sie möchten, kann ich es ihnen auch zeigen.«
Julia schüttelte den Kopf, denn das war ihr Antwort genug. Doch dann stieß sie ganz am Ende doch noch über einen Punkt, der sie zögern ließ. Es betraf das Taschengeld, das ihr unter bestimmten Bedingungen zustehen würde. »Mir steht unter bestimmten Bedingungen noch ein Taschengeld zu?« Sie war etwas erstaunt, denn sie wusste, dass es nie etwas umsonst gab, vor allem kein Taschengeld. »Wofür bekomme ich das?«
Frau Hegel war sich sicher, dass ihre zukünftige Mieterin darüber stolpern würde. »Sie können sich etwas Geld dazu verdienen, in dem sie noch weitere Kleidungsstücke unserer Tochter tragen.«
Julia überlegte einen Moment und blickte dabei auf den Mantel, der jetzt auf dem Tisch lag und leicht in der Sonne glänzte. »Das sind dann sicher wieder solche komischen Sachen, oder?«
»Und was heißt 'gemeinsamer Abend'?« Julia konnte es nicht verhindern, dass ein wenig Misstrauen in ihrer Stimme mit schwang.
»Wir erwarten für die Miete, dass sie einen Abend pro Woche mit uns verbringen und uns darüber berichten, wie sie mit der Kleidung zurecht kommen.« Frau Hegel holte tief Luft. »Ich denke, immer Donnerstag wäre doch ein guter Termin.«
»Muss ich dabei den Mantel tragen?« Julia blickte immer noch unsicher auf das schwarze Leder, was sich vor ihr ausbreitete.
»Nein, natürlich nicht.« Frau Hegel zeigte ein ehrliches Lächeln. »Aber es gäbe vielleicht das eine oder andere Kleidungsstück aus Carolins Schrank, welches wir gern wieder einmal getragen sehen würden.«
»Und dafür bekäme ich dann das Taschengeld?« Julia versuchte instinktiv, möglichst gut zu verhandeln.
»sie bekommen das Geld dafür, dass sie die Kleidung tragen.« Frau Hegel wollte in diesem Punkt Klarheit. »Die Anwesenheit am Donnerstag Abend betrachten wir als Teil der Miete.«
Die Aussicht, auch noch Taschengeld zu bekommen, ließ bei Julia die letzten Zweifel verschwinden.
»Sie haben bei uns keine Kündigungsfrist, dürfen jederzeit ausziehen und müssen nichts zurück zahlen.« Frau Hegel lächelte. »Wir bieten ihnen eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Sind sie einverstanden?«
Julias Augen glänzten, als sie wieder zum Mietvertrag griff und ihn mit dem bereitliegenden Stift unterschrieb. Glücklich stand sie auf und blickte sie Frau Hegel an.
Diese gab ihr die Hand. »Willkommen in unserem Haus. Es wird ihnen sicher bei uns gefallen.«
Julia war mehr als erleichtert und glücklich. Doch jetzt erst fiel ihr Blick auf den Stuhl. Auf dem sie gerade gesessen hatte und sie bemerkte die seltsame Rückenlehne. Das Stück in der Mitte war frei, die Lehne bestand quasi nur aus zwei Brettern links und rechts. »Was ist denn das für eine komische Lehne?«
Frau Hegel war über die immer noch etwas misstrauische Frau sehr erleichtert, denn sie spürte, dass sie mit ihrer neuen Mieterin auf der richtigen Spur war. »Carolin hat oft ihren Monohandschuh getragen und mit der Lehne konnte sie dann trotzdem gut darauf sitzen.« Insgeheim wusste sie, dass sie hier die vorbereitete falsche Wahrheit sagen konnte, denn Julia würde nicht nachfragen. Aber ein zartes Pflänzchen Neugier war in die Erde gesetzt.
Julia ließ ihren Blick durch das Zimmer gleiten und sie glaubte, an dem Sessel, der am Fenster stand, eine ähnliche Aussparung zu sehen.
»Sie sollten sich jetzt gleich auf dem Amt vorstellen und ihre neue Adresse als ihren Wohnsitz melden.« Frau Hegel wollte die gute Stimmung nutzen und auch testen, wie Julia reagieren würde, wenn sie den Mantel in der Öffentlichkeit tragen würde. »Wenn sie möchte, begleite ich sie.«
Julia blickte etwas erstaunt auf und wunderte sich, dass Frau Hegel an so etwas dachte. Sie ging zum Tisch und nahm sich den Mantel zur Hand. »Ich nehme an, den muss ich jetzt tragen, oder?«
»Ja.« Die Vermieterin lächelte. »Das haben sie zugesagt.«
Julia lächelte verlegen, dann begann sie, sich den Mantel anzuziehen, doch sie musste bald feststellen, dass sie wegen der festgenähten Ärmel nicht alleine hinein kam.
Frau Hegel unternahm zunächst nichts. Erst als Julia sie ansah, trat sie auf sie zu und half ihr in den Mantel. Als sie vorn den Reißverschluss schloss, hörte sie ein leises Seufzen von Julia. Sie blickte auf.
Julia lächelte wieder etwas verlegen. »Jetzt bin ich gefangen.« Ihre Stimme war leise und zitterte ein wenig.
»Sie werden sicher leicht mit dem Mantel zurecht kommen.« Frau Hegel strich ihr über den Kopf. »Lassen sie uns gehen.« Sie blickte zur Tür und ging dann langsam darauf zu.
Julia seufzte wieder, dann ging sie langsam hinterher. Sie fühlte bei jedem Schritt, dass sie unbewusst ihre Arme bewegen wollte und jetzt aber nur die Enge der Ärmel spürte. Ein seltsames Gefühl überkam sie.
* * *
Auf dem Amt mussten sie etwas warten. Julia saß neben Frau Hegel und hatte den Mantel auf ihrem Schoß liegen. Sie betrachtete ihn genauer und bestaunte zunächst das schöne weiche Leder, doch dann fielen ihr ein paar Besonderheiten auf. Sie entdeckte die Nähte, die den Ärmel an der Seite festhielten und auch den zusätzlichen Reißverschluss für die Beine. Sie spielte etwas damit herum, denn es faszinierte sie, das dieses unschuldige Leder sie so gefangen halten konnte.
Nach einiger Zeit blickte sie Frau Hegel an. »Es ist ein sehr seltsamer Mantel.« Sie machte eine kleine Pause. »Aber er gefällt mir gut. Ich werde ihn gern tragen.« Ihr fiel auf, dass die Ärmel recht dick gearbeitet waren und sie fragte Frau Hegel danach.
»Die Ärmel sind doppelt gearbeitet.« Frau Hegel kam nicht umhin, mit der Stimme etwas zu zittern, weil sie gerade die Wahrheit sagte. »Sie können mit dem langen Reißverschluss ganz eng gemacht werden.«
Julia war sichtlich verunsichert. »Gehört das auch zur Miete?«
»Nein, natürlich nicht.« Frau Hegel wurde nervös, weil Julia fast so etwas wie Interesse zeigte. »Wenn sie wollen, dann können wir nachher noch etwas spazierengehen und ich werde es ihnen zeigen.«
»Ja gern« Julia spielte weiter mit dem Mantel herum. »Der Kragen ist auch ziemlich dick, und da sind auch noch mal Reißverschlüsse?«
»Ja, dort kann man den Mantel auch noch strenger machen, aber das gehört auch nicht mehr zur Miete, weil es sehr restriktiv sein kann.« Ihre Stimme war etwas leiser, denn sie war innerlich angespannt. Sie spürte Julias ehrliches Interesse und war sehr gespannt, wie weit ihre neue Mieterin wohl gehen würde.
»Ihre Tochter hatte aber seltsame Wünsche?« Julia sprach es beiläufig aus, doch ein Schatten im Gesicht ihrer Vermieterin ließ sie inne halten. Es wurde ihr bewusst, dass sie bisher gar nichts über den Verbleib der Tochter wusste und insgeheim Angst hatte, durch falsche Fragen vielleicht traurige Erinnerungen zu wecken. Ihre Miene zeigte, dass sie über ihre Gedanken selbst erschrocken war.
Doch zu ihrer Erleichterung strich ihr Frau Hegel nur leicht über den Kopf. »Bei Gelegenheit werde ich ihnen ein wenig über Carolin erzählen.«
Dermaßen ermutigt sprach Julia weiter. »Ausprobieren mag ich die Kleidung schon mal.« Die Studentin war sichtlich beeindruckt, und ein gewisses Leuchten erschien in ihren Augen. »Ich will ja meine Miete ordentlich zahlen.«
Wieder strich ihr Frau Hegel über den Kopf. Julia war über diese eigentlich recht intime Geste sehr erfreut.
Sie wurden aufgerufen.
Es ging dann sehr schnell auf dem Amt, und als sie das Rathaus wieder verließen, war Julia an ihrem neuen Wohnsitz angemeldet. Jetzt wo sie es schwarz auf weiß hatte, fühlte sie so etwas wie große Erleichterung und zugleich auch Abenteuerlust. Sie trug den Mantel noch auf dem Arm, blieb stehen und blickte Frau Hegel fragend an. »Wir wollten noch spazieren gehen?« Sie senkte den Kopf und wurde leiser. »Mit dem strengen Mantel.«
»Sind sie sich wirklich sicher?« Frau Hegel war ehrlich erstaunt. »Der Mantel kann sehr restriktiv sein.«
Julia hielt den Kopf gesenkt, um ihre Röte zu verbergen. »Bitte zeigen sie es mir.«
»Nun gut.« Frau Hegel lächelte. »Aber dann sagen sie bitte nicht, dass ich sie nicht gewarnt hätte.« Das Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen. Sie griff zum Mantel und half Julia, ihre Arme in den Ärmel zu stecken, dann schloss sie den vorderen Reißverschluss.
Julia keuchte leise.
»Stellen sie bitte ihre Beine zusammen.« Frau Hegel gab sich große Mühe, ihre Stimme nicht zittern zu lassen. Sie beugte sich zu Julias Beinen hinunter und zog den Reißverschluss langsam zu. In dem Rockteil war ein Gummizug eingearbeitet, der es ermöglichte, dass sich das Leder sehr eng um Julias Beine legen konnte.
Die Studentin keuchte etwas, als sie den zunehmenden Druck spürte. »Ob ich damit wirklich noch gehen kann?« fragte sie mehr zu sich selbst.
»Naja, große Schritte sind jetzt nicht mehr möglich.« Frau Hegel genoss die Situation. »Aber wir haben jetzt ja Zeit.« Sie erhob sich wieder. »Kommen sie, wir gehen ein paar Schritte.« Insgeheim war sie sehr interessiert, wie ihre neue Mieterin auf die Strenge reagieren würde.
Julia versuchte keuchend die ersten Schritte. »Das wird aber mühsam.« Sie blieb stehen. »Ihre Tochter hat das wirklich so getragen?« Sie begann zu erkennen, dass sie dabei war, in die Fußspuren von Carolin zu treten. Und zwar in anscheinend sehr große Fußstapfen.
»Wir haben den Mantel nach ihren Angaben fertigen lassen.« Frau Hegels Stimme zitterte vor Erregung. »Es hat richtig lange gedauert, bis Carolin mit allem zufrieden war.«
Julia ging wieder ein paar Schritte. Sie hatte erkannt, dass ihre Vermieterin begann, sie mit ihrer Tochter zu vergleichen und darauf bezog sie eine gewisse Verpflichtung. Doch dann blieb sie wieder stehen. »Wie war das mit den Ärmeln?« Irgendwie war ihr auf einmal nach Abenteuer zumute, und der Mantel versprach, ein ganz tolles zu werden. Doch zugeben wollte sie es noch nicht.
'Sie fragt auch noch von selbst.' Frau Hegel war mehr als fasziniert. »Bitte legen sie ihre Arme dicht an ihren Körper.« Sie sprach etwas leiser, weil sie sehr angespannt war.
Julia kam der Aufforderung nach und gleich darauf fühlte sie an den Armen den gleichen Druck wie schon bei den Beinen. »Sind da Gummibänder eingearbeitet?« Sie keuchte wieder.
»Wie kommen sie darauf?« Frau Hegel war verwundert. »Aber ja, sie haben Recht.«
»Es ist dieser gleichmäßige Druck, der mir sehr gefällt.« Julia versuchte, ihre Arme zu bewegen, doch sie stellte fest, dass sie nur noch ihre Hände bewegen konnte. »Und es fühlt sich toll an.«
»Lassen sie uns ein paar Schritte gehen.« Frau Hegel ermutigte Julia. »Darf ich den Arm um sie legen? Sie werden feststellen, dass sie jetzt nicht mehr mit den Armen balancieren können.«
Julia stellte schon nach wenigen Trippelschritte fest, dass ihre Vermieterin Recht hatte. »Oh ja bitte.« Sie war erleichtert, als sie den zusätzlichen Halt spürte. »Erst jetzt merkt man, wie wichtig doch die Arme beim Gehen sind.«
»Und auch der Hals ist wichtig, weil man ja sehen möchte, wohin man tritt.« Frau Hegel führte ihren Schützling langsam vorwärts.
»Warum erwähnen sie den Hals?« Julia drehte den Kopf zu Frau Hegel, doch dann grinste sie. »Es hat mit dem Mantel zu tun, richtig?«
»Es ist sehr mutig von ihnen, gleich alle Restriktionen des Mantels auf einmal ausprobieren zu wollen.« Frau Hegel war sichtlich beeindruckt. »Aber ja, in den Mantel ist auch eine Art Halskorsett eingearbeitet. Damit wird der Kopf fixiert und macht sie noch ein wenig hilfloser.«
»Dann möchte ich es ausprobieren.« Julia war durch die ganz neuen Gefühle sehr ermutigt. »Ich möchte meine Miete doch ordentlich zahlen.« Sie fühlte in der zunehmenden Enge vor allem so etwas wie Geborgenheit. Sie blieb stehen, drehte sich zu Frau Hegel und blickte sie fragend an.
Frau Hegel griff an den langen Kragen, klappte ihn hoch und schloss dann einen weiteren Reißverschluss. »Carolin wollte hier erst noch kleine Korsettstangen eingearbeitet haben, doch dann wäre der Kragen sehr auffällig gewesen.«
Julia wollte erst fragen, was Korsettstangen seien, doch dann erinnerte sie sich an die alten Fotos von ihrer Oma, die sie ihr einmal gezeigt hatte. Trotzdem spürte sie, dass ihr Hals von dem Leder gut festgehalten wurde und ein Beugen des Kopfes war jetzt richtig anstrengend. »Ja, ich merke es.« Sie versuchte ihren Kopf zu drehen, doch wegen des großen Widerstandes gab sie den Versuch bald auf. »Es ist ungewohnt.« Sie keuchte etwas.
Nach den nächsten Schritte blieb sie wieder stehen. »Jetzt verstehe ich, was sie meinen.« Sie keuchte erneut. »Ich kann nicht mehr vor mir auf den Boden sehen.«
Frau Hegel lächelte nur. Sie war von der Situation mehr als gefangen.
»Ich frage mich, wie es sich wohl mit Korsettstangen anfühlen würde.« Julia begann leise zu stöhnen. Sie spürte, wie sie immer erregter wurde. Natürlich wusste sie, wie sich ein Orgasmus anfühlte, doch es war noch nie passiert, dass sie einfach so, im Freien und auch noch in Begleitung einer Fremden zu einem Höhepunkt kam. Sie schloss die Augen und spürte überall die Enge des Mantels. Sie keuchte immer lauter.
* * *
Es war nur der kleine Bogen auf dem Wegenetz im angrenzenden Stadtpark und er hatte auch nur eine Länge von knapp 100 Meter, doch es dauerte über eine Stunde, bis sie wieder am Auto waren.
»Zum Schluss sind sie ganz allein gegangen.« Frau Hegel erklärte, dass sie gegen Ende ihre Umarmung gelockert hatte.
»Das ist mir gar nicht aufgefallen.« Julia war ein wenig verlegen. »Ich war so sehr auf den Mantel fixiert.«
»Sie meinen 'von' oder?« Frau Hegel lachte trotz der inneren Anspannung.
Julia lachte ebenfalls, als sie das Wortspiel ebenfalls begriffen hatte.
»Im Auto muss ich sie leider von den Restriktionen befreien.« Frau Hegel hatte ein deutliches Bedauern in der Stimme. »Es ist sonst viel zu gefährlich.«
Julia war ein wenig enttäuscht, doch sie wagte nicht, zu widersprechen. Wortlos sah sie zu, wie Frau Hegel nach und nach die Reißverschlüsse wieder öffnete.
»Wenn ein Unfall passiert, müssen sie in der Lage sein, sich selbst aus dem Auto zu befreien.« Sie öffnete die Wagentür.
Julia war ein wenig verlegen, als sie die Fürsorge bemerkte, an die sie bisher nicht gedacht hatte. »Das Mietezahlen wird mir leicht fallen«, sagte sie mehr zu sich selbst.
Frau Hegel schloss die Beifahrertür, dann stieg sie selbst ein und startete den Motor.
Julia saß verträumt auf dem Beifahrersitz und streichelte mit der Hand über das Leder des Mantels, während sie aus dem Fenster schaute. »Eine schöne Wohngegend.«
»Ruhig und verschwiegen.« Frau Hegel ergänzte Julias Eindrücke. »Die Eltern von meinem Mann haben das Haus hier gekauft.« Sie hielt vor einem Grundstück und wartete, bis sich das breite Tor geöffnet hatte.
»Es ist ja eher eine Villa.« Julia studierte zwar Innenarchitektur, doch einen gewissen Blick für Häuserformen hatte sie trotzdem schon entwickelt.
* * *
Frauke stand an dem großen Erkerfenster in Carolins Zimmer und blickte der Straßenbahn nach, die gerade von der vor dem Haus befindlichen Haltestelle in Richtung München abgefahren war. Als sie das Auto von Frau Hegel sah, welches gerade auf das Grundstück fuhr, seufzte sie und mit einem letzten Blick nach draussen ging sie langsam aus dem Zimmer.
Frau Hegel hatte ihr verboten, dass Zimmer zu betreten, doch das war ihr egal, sie betrachtete es als ihr Zimmer, immerhin durfte sie selbst dort einige Zeit wohnen, bis es passiert war.
Sie hatte versagt, und deswegen hatte sie das Zimmer räumen müssen und wohnte jetzt in der kleinen Kammer unter dem Dach.
Sie hatte es akzeptiert, denn es war immer noch bei weitem besser als zurück in die Vergangenheit, zurück dorthin, woher sie Hegels sie geholt hatten, zurück in das Gefängnis. Dorthin wollte sie auf keinen Fall zurück, lieber ließ sie sich all die kleinen Demütigungen und Anspielungen auf ihr Versagen gefallen, und natürlich zählte sie die Tage, die sie noch bei Hegels bleiben musste. Es war immer noch eine vierstellige Zahl.
Seufzend ging sie zu dem pompösen Treppenhaus und stieg langsam die Stufen hinunter.
* * *
»Ja, ich bin sehr stolz, dass wir hier wohnen können.« Frau Hegel wartete, bis sich der Torflügel und das Garagentor geöffnet hatten, dann fuhr sie das Auto in die Garage. »Herzlich willkommen bei der Familie Hegel.« Sie reichte Julia die Hand, und nur nebenbei fiel ihr auf, dass sie fast 'in' statt 'bei' gesagt hätte. Doch so weit war es noch nicht. »Ich hoffe, es gefällt ihnen bei uns.«
Julia hatte leichte Schwierigkeiten, den Gruß mit den im Ärmel gefangenen Arm zu erwidern, doch sie gab sich alle Mühe. Insgeheim gefiel es ihr, so gegen die Enge kämpfen zu müssen. »Ja, ich denke schon. Ich bin sehr erleichtert, dass ich bei ihnen wohnen darf.« Sie öffnete die Tür und stieg aus. »Es ist alles so schön, fast wie ein Traum. Ich habe fast Angst, ich würde aufwachen und alles wäre vorbei.«
»Ich kann ihnen versichern, dass sie nicht träumen.« Frau Hegel lächelte. »Es ist alles echt.«
Julia ging vor die Garage und blickte nachdenklich auf die wenigen Stufen, die zur Haustür empor führten.
Frau Hegel hielt inne, als sie Julias nachdenkliche Gestalt sah. Langsam folgte sie ihrem Blick und erkannte auf einmal, was Julia bewegte. »Der Zugang über die Terrasse wäre ohne Stufen.«
Julia wurde knallrot, weil sie sich ertappt fühlte. Sie wagte nicht, ihre Bitte zu äußern.
»Den Rock könnte ich ihnen wieder zumachen.« Frau Hegel hoffte, dass sie Julias Zögern richtig interpretierte. »Aber das Halsteil sollten sie erst dann benutzen, wenn sie hier das Grundstück gut kennen.«
Julia fühlte sich ertappt und schallte sich selbst eine Närrin. Es würde in der Zukunft noch viele Gelegenheiten geben, bei denen sie den Mantel streng tragen konnte. Außerdem war sie sich gar nicht sicher, ob 'es' wieder passieren würde. »Danke, aber ich denke, das braucht es nicht.« Sie konnte erst nach einem Räuspern antworten. Die wenigen Meter bis zum Haus wirkten jetzt eher lächerlich.
Frau Hegel blickte etwas ungeduldig zum Haus, denn sie vermisste ihr Mädchen für alles. Es war vereinbart, dass Frauke stets zum Auto kommen sollte, um eventuelle Einkäufe ins Haus zu tragen.
Julia blickte etwas verwundert auf die Gestalt, die erst nach einiger Zeit aus dem Haus kam. Sie trug ein wadenlanges und hochgeschlossenes geradezu altmodisch wirkendes schwarzes Kleid mit einer weißen Schürze, die sie recht deutlich als Dienerin kennzeichnet. Sie ging auf die Garage zu und blickte fragend auf das Auto.
Julia entdeckte zu ihrem Erstaunen, dass die Dienerin trotz ihres sehr altmodisch aussehendem Kleid noch sehr jung war. Sie schätzte sie auf keine Dreißig, nur etwas älter als sie selbst.
Frau Hegel schaute mit einem recht strengen Blick auf die Dienerin, die etwas verwundert stehen geblieben war.
»Verzeihen sie, Madame, ich war gerade auf der Toilette.« Frauke blickte verlegen zu Boden.
»Es ist gut, Frauke.« Der Blick von Frau Hegel entspannte sich. »Das ist Julia, unsere neue Mieterin.« Sie zeigte mit der Hand auf die Studentin. »Bringen sie sie bitte auf ihr Zimmer.«
Frauke knickste übertrieben, dann drehte sie sich wieder um und ging langsam zum Haus, ohne sich allerdings zu vergewissern, ob die neue Mieterin Julia ihr auch folgte.
Julia blickte ihr einen Moment lang wortlos zu, dann ging sie der seltsamen Dienerin hinterher.
* * *
Die Koffer hatte Julia noch nicht ausgepackt. Frau Hegel hatte sie gebeten, damit noch etwas zu warten, bis sie in Carolins Schränken etwas Platz gemacht hatten. Julia war viel zu glücklich, um sich darüber zu wundern.
Heute morgen stand sie noch auf der Straße und hatte das Gefühl, nicht mehr tiefer sinken zu können, und noch immer hörte sie ihr Herz klopfen, als sie die Nummer von der obskuren Anzeige gewählt hatte. Doch jetzt befand sie sich in einer geradezu traumhaften und luxuriösen Villa, und all ihre Probleme schienen gelöst.
Nur tief in ihrem Unterbewusstsein regte sich etwas Mißtrauen, doch Julia befahl ihren Gefühlen einfach, der Situation zu vertrauen. Es war fast genau das Gegenteil von dem geworden, was sie erwartet hatte, doch dann fragte sie sich zum ersten Mal, warum die Anzeige so zweideutig formuliert war, wenn doch das Paradies dahinter zum Vorschein kam. Sie beschloss, insgesamt wachsam zu bleiben und sich nicht einlullen zu lassen.
Zum ersten Mal blickte sie sich auch in ihrem neuen Zimmer etwas genauer um. Es enthielt alles, was sich eine junge Studentin nur wünschen konnte und eigentlich wäre der Name Appartement besser gewesen, denn es enthielt neben einem geradezu luxuriösen Bad auch noch eine abgeteilte kleine Küche mit gut gefüllten Schränken.
Doch das Prunkstück war der Erker, der ihr Zimmer nach Osten hin schmückte. Die Sessel waren zwar nicht nach ihrem Geschmack und als angehende Innenarchitektin hätte sie den Raum ganz anders eingerichtet, doch er strahlte trotzdem sofort sowohl Ruhe und als auch Wohlbehagen aus. Und sie freute sich schon darauf, auf dem großen fast freistehenden Bett ihren Kopf für die Nacht zur Ruhe zu betten. Nur das Kopfende des großen französischen Bettes stand an der Wand, so dass das Bett von drei Seiten aus zugänglich war. Und trotzdem wirkte der Raum nicht überladen, weil er so groß war.
Selbst der Gegenstand ihrer Mietzahlungen, dieser seltsame Ledermantel störte sie nicht. Zärtlich strich sie über das weiche Leder, welches in der Abendsonne glänzte.
Es machte ihr überhaupt nichts aus, dass sie in dem Mantel nicht mehr über ihre Arme verfügen konnte, so lange sie wusste, das jemand dabei war, der sie beschützen würde. Zu Frau Hegel hatte sie jetzt schon grenzenloses Vertrauen, obwohl sie sie überhaupt nicht kannte. Doch sie spürte, dass sie ihr nicht wirklich etwas Böses wollte. im Gegenteil, ohne das es ihr so richtig bewusst war, wurde sie von der Hilflosigkeit, die sie im Mantel spürte, regelrecht erregt. Es hing bestimmt auch damit zusammen, dass sie in ihren Armen zu einem völlig unerwarteten Orgasmus gekommen war, nur bedingt durch die Enge im Mantel. Allerdings war sie froh, dass ihre Vermieterin sie auf dieses besondere Erlebnis nicht angesprochen hatte. Sie hatte sie einfach nur festgehalten und sie gestreichelt, und dass war genau das, was Julia in dem Moment gebraucht hatte.
Jetzt fragte sie sich, ob das nicht sogar eine erwartete Reaktion war. Doch dann nannte sie sich selbst eine Närrin. Warum sollte Frau Hegel so etwas machen wollen.
Sie war schon öfters mit der Straßenbahn an dem Grundstück vorbei gefahren und stets hatte sie den großen fast parkähnlichen Garten bewundert. Er erinnerte sie an den großen Bauernhof daheim, vor dem sie geflüchtet war und den sie sehr vermisst hatte. Als sie bei ihrer Freundin wohnte, hatte sie nicht einmal einen Balkon und wenn sie einmal etwas Grünes sehen wollte, musste sie mit der U-Bahn in den englischen Garten fahren. Und hier hatte sie den gefühlt halben englischen Garten vor der Haustür. Und sie wusste jetzt schon, dass sie es genießen würde, wenn sie mit einem Liegestuhl im Garten für ihre Karriere lernen würde.
Ein brummendes Geräusch störte sie in ihren Gedanken. Sie ging zum Fenster und blickte hinaus. Gerade eben sah sie, wie die Straßenbahn, die an dem Grundstück vorbei führte, weiter fuhr. Etwas neugierig blickte sie auf die Passanten, die ausgestiegen waren. Zunächst sahen sie ganz gewöhnlich aus und Julia fragte sich, was sie eigentlich erwartet hatte. Doch auf einmal wurde ihr Blick von einer Gestalt gefangen genommen, die sie ziemlich gut kannte. Ihr Professor kam die Straße entlang. Julia schaute ihm zu, bis er aus ihrem Blickfeld verschwunden war.
'Witzig, dass er auch in Grünwald wohnt. Das wusste ich gar nicht.' Sie ging zum anderen Fenster, welches den Blick nach Norden zur Straße hin freigab, und als sie hinaus schaute, entdeckte sie verwundert, dass er vor dem Haus stand und in seiner Tasche etwas zu suchen schien.
'Will er zu mir?' Julia hatte automatisch ein schlechtes Gewissen, weil sie bestimmt irgendeinen Termin übersehen hatte oder eine gewünschte Arbeit nicht gemacht hatte. Doch dann meldete sich ihre Vernunft zu Wort. Er konnte doch gar nicht wissen, dass sie hier wohnte. Das wusste im Moment nur das Amt und ihre Vermieterin.
Auf einmal schlug sie sich mit der Hand vor die Stirn und ließ sich völlig verblüfft in den Sessel fallen. Ihr Professor hieß auch Hegel, es war ihr bisher nur nicht aufgefallen, weil alle seine Studenten ihn immer nur mit 'Prof' oder mit 'Winfried' anredeten.
Auf einmal klopfte es. Doch erst als Julia von draußen eine Stimme hörte, die ihren Namen rief, realisierte sie, dass sie antworten musste.
»Bitte entschuldigen sie, ich bin es nicht gewöhnt, dass an meiner Tür geklopft wird.« Julia entschuldigte sich verlegen, als sie die Tür öffnete.
Doch zu ihrer Verwunderung stand Frauke, die Dienerin vor der Tür. »Frau Hegel wünscht, dass sie ins Wohnzimmer kommen.« Frauke richtete ihre Botschaft aus, drehte sich um und war genauso schnell wieder verschwunden, wie sie gekommen war.
Alle möglichen Gedanken spukten Julia durch den Kopf, als sie sich jetzt langsam auf den Weg machte. Sie war es von daheim überhaupt nicht gewohnt, dass jemand an ihre Tür klopfte. Im Gegenteil, meistens standen alle Türen auf, denn es gab in dem uralten Bauernhaus nur einen zentralen Ofen, der das ganze Haus heizen musste. Und ihre Eltern waren nie zu Modernisierungen bereit gewesen, auch wenn sie sie oft genug darauf angesprochen hatte. In der kleinen Studentenwohnung gab es nicht einmal eine Tür, nur ein Vorhang versprach scheinbar etwas Privatsphäre. Wichtiger in dieser Beziehung waren die Absprachen mit ihrer Freundin, wer wann in der Woche die Wohnung für sich hatte.
Auf der Treppe fiel Julia ein, dass sie das Wohnzimmer noch gar nicht kannte, doch sofort sah sie die offene Tür gegenüber der Treppe und entdeckte ihre Vermieterin, wie sie gerade die große Tür zur Terrasse öffnete. Mit zitternden Beinen ging Julia zu der Wohnzimmertür. Im letzten Moment fiel ihr ein, dass sie vielleicht am Türrahmen anklopfen sollte.
»Ah, Julia, schön, dass sie gekommen sind.« Frau Hegel drehte sich um und deutete auf die Sitzgruppe vor dem Fenster. »Darf ich ihnen meinen Mann vorstellen?«
Julia war sichtlich verlegen, als sie das Wohnzimmer betrat. Sie suchte noch nach Worten, um zu sagen, dass sie den Mann ihrer Vermieterin schon kannte. Doch ihr fiel nichts passendes ein. Langsam kam sie näher.
»Guten Tag, Julia.« Herr Hegel war sichtlich überrascht, eine seiner Studentinnen vor sich zu sehen. »Ich bin etwas überrascht, sie hier zu sehen.« Er blickte etwas verwundert zu seiner Frau.
»Ich hatte dir doch gesagt, dass wir eine neue Mieterin haben.« Frau Hegel war über die Reaktion ihres Mannes ebenfalls etwas verwundert.
Herr Hegel lächelte. »Das ist schon richtig, Elisabeth, das hattest du.« Er reichte Julia die Hand. »Aber du hattest mir nicht gesagt, dass es eine meiner Studentinnen ist.« Er wandte sich an Julia. »Na dann herzlich willkommen im Hause Hegel. Ich hoffe, sie werden sich bei uns wohl fühlen.«
Frau Hegel war sichtlich überrascht und hatte etwas mit ihrer Fassung zu kämpfen. Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie in diesem Moment gern mit ihrem Mann allein gesprochen hätte.
Julia hingegen war viel zu glücklich, um die veränderte Stimmung zu bemerken.
Ein Klopfen war zu hören. »Das Abendessen ist bereit.« Frauke stand in ihrem altmodischen Dienstbotenkleid in der Tür und blickte zu Boden.
»Haben sie wie verlangt für drei Personen gedeckt?« Frau Hegel blickte allerdings zu Julia, als sie sprach.
»Jawohl, Madame, das habe ich.« Frauke hatte Mühe, beim Anblick von Julia ein freundliches Gesicht zu machen.
»Julia, dürfen wir sie zum Abendessen einladen?« Herr Hegel zeigte auf eine weitere Tür. »Ich nehme an, dass sie noch nichts für sich eingekauft haben.«
»Und natürlich werden sie morgen früh auch mit uns frühstücken«, ergänzte Frau Hegel.
Julia bedankte sich höflich und realisierte nebenbei, was ihre neuen Gastgeber ihr damit zu verstehen gaben. Sie erwartete von ihr, dass sie sich wie bisher auch selbst um ihren Haushalt zu kümmern hatte. Gleichzeitig waren sie aber auch gütig genug, um ihre aktuelle Situation anzuerkennen.
»Dann lassen sie uns ins Esszimmer gehen.« Herr Hegel schritt voran und öffnete die Tür, auf die er vorhin gezeigt hatte. »Übrigens, ich fahre morgen mit dem Wagen zur Universität, wenn sie möchten, kann ich sie gern mitnehmen.«
»Sehr gern.« Julia hatte schon abgewogen, ob sie Schwarzfahren riskieren sollte, denn Grünwald war nicht durch ihre bisherige Monatskarte abgedeckt. Doch jetzt erkannte sie, dass sich das Problem zumindest morgen früh nicht stellen würde.
Nur am Rande bemerkte sie, dass sie von Frauke unauffällig gemustert wurde, bevor sie den Raum wieder verließ. Doch aus der Miene der Dienerin war nicht zu erkennen, was sie gerade dachte.
Der Tisch war wirklich reichlich gedeckt und mit etwas Wehmut dachte Julia zurück an die Zeit auf dem Bauernhof ihrer Eltern. Dort war der Tisch auch immer reichlich gedeckt, wenn auch nicht so festlich.
»Ich möchte euch bitten, nicht über die Uni zu reden.« Frau Hegel nahm gegenüber ihrem Mann Platz und bot Julia den Platz dazwischen an. »Ich habe keine Lust auf endlose Fachgespräche.«
»Wir werden uns zusammenreißen.« Herr Hegel lächelte und blickte kurz zu Julia.
Julia fiel erst jetzt ihr großer Hunger auf. Ihr wurde bewusst, dass sie nur heute morgen eine Winzigkeit gegessen hatte. Nach anfänglichem Zögern langte sie kräftig zu.
* * *
Sehr glücklich und vor allem satt ließ sich Julia auf ihr Bett fallen. Mit einem Schlag waren fast alle ihre Probleme beseitigt und sie sah sich selbst auf der sprichwörtlichen Wolke Sieben schweben. Durch die großen Fenster fiel der Abendsonnenschein herein und trug ebenfalls zu Julias guter Laune bei.
»Julia, sind sie wach?« Auf einmal war die Stimme von Frau Hegel zu hören.
»Bitte kommen sie herein.« Die Studentin richtete sich auf und setzte sich auf das Bett.
»Ich habe geklopft, aber sie haben nicht geantwortet.« Frau Hegel trat ein und schloss hinter sich die Tür.
»Ich habe geträumt.« Julia war verlegen. »Ich habe das Klopfen wohl überhört.«
»Ist ja kein Problem.« Frau Hegel tat, als würde sie auf Julias Einwand eingehen. »Es hätte ja sein können, dass sie schon geschlafen hätten.«
»Ich bin es einfach nicht gewöhnt, dass bei mir geklopft wird.« Julia erzählte kurz von ihrer Kindheit auf dem Bauernhof. »Es gab nur ein Zimmer für meine vier Brüder und mich und ich hatte nur einen Vorhang für mich.« Das war übrigens auch der Grund, warum sie in ihrer Studentenwohnung auch nur einen Vorhang hatte. Sie kannte es einfach nicht anders.
»Die Zeit ist jetzt vorbei.« Frau Hegel legte ein glänzendes Stoffbündel auf das Bett. »Es ist vielleicht noch etwas früh, aber sie möchten sich vielleicht schon einmal mit dem Nachthemd vertraut machen.«
»Oh ja, gern.« Julia erinnerte sich sofort wieder daran, dass dies auch Bestandteil ihrer Miete war. Sie blickte ihre Vermieterin etwas unsicher an.
»Sie möchten vorher vielleicht noch ins Bad.« Frau Hegel ging langsam ans Fenster und blickte hinaus. »Mit dem Nachthemd wäre das sehr viel mühsamer.«
Julia war recht dankbar für den Hinweis. Langsam begann sie zu erkennen, dass Hegels von ihr ein ganz bestimmtes Verhalten erwarteten, dies ihr aber nicht aufzwingen wollten. Bedingt durch diese Erkenntnis und die Neugier auf das Nachthemd beeilte sich Julia mit dem Ausziehen, auch weil sie erkannte, dass Frau Hegel sich anscheinend höflich weg gedreht hatte.
* * *
Als Julia aus dem Bad kam, trug sie nur noch ihre Unterwäsche. Erwartungsvoll trat sie an das Bett und blickte neugierig auf das rosa Stoffbündel. Der Glanz ließ darauf schließen, dass es sich um Seide handeln musste.
»Sie sollten sich ganz ausziehen, das Nachthemd ist ziemlich eng.« Frau Hegel trat ebenfalls an das Bett. »Außerdem ist es schön, die weiche Seide wirklich überall zu spüren.« Ohne das sie es wirklich steuern konnte, wurde sie bei diesen Worten etwas rot.
Irgendwie kam es Julia seltsam vor, doch sie verspürte gegenüber Frau Hegel so gut wie überhaupt keine Scham, sondern eher eine großes, aber völlig unbegründetes Vertrauen. Zügig zog sie sich ihre restliche Unterwäsche aus und blickte Frau Hegel erwartungsvoll an. Sie hatte nicht wirklich Schamgefühle, sich so in ihrer Nacktheit zu präsentieren, und kurz dachte kurz wieder an die Zeit auf dem Bauernhof, wo solche Gefühle auch eher unbekannt gewesen waren, dort aber eher aus Mangel an Räumlichkeiten.
»Setzen sie sich bitte auf das Bett.« Frau Hegel nahm den Seidenstapel und schüttelte ihn auseinander.
»Das ist ein schöner Glanz.« Julia strecke ihre Hand aus und nahm ein Stück Stoff vom Nachthemd in die Hand. »Und es ist sehr weich.«
»Das ist ein ganz spezieller Stoff.« Frau Hegel versuchte, ihre steigende Nervosität zu überspielen. »Wir haben sehr lange danach gesucht, bis Carolin damit zufrieden war.«
Gedankenverloren spielt Julia mit dem Stoff. Eine ganz bestimmte Frage lag im Raum, doch Julia wagte nicht, sie auszusprechen.
»Das ist eine Spezialseide, wie sie auch bei Fallschirmen zum Einsatz kommt.« Frau Heels Stimme zitterte ein wenig. »Sie ist praktisch nicht zu zerreißen.«
»Und überall sind Dreifach-Nähte.« Julias Hände beschäftigten sich jetzt etwas ausführlicher mit dem Nachthemd.
»Darin werden sie sich geborgen fühlen.« Frau Hegel rief sich ein paar der vorbereiteten Sätze ins Gedächtnis. »Sie werden sicher ganz ruhig schlafen.«
»Wie muss ich das anziehen?« Julia hielt die Seidenhülle vor sich und betrachtete sie etwas rätselnd.
»Ich zeige es ihnen.« Unwillkürlich lächelte Frau Hegel. »Strecken sie bitte ihre Beine aus.« Sie kniete sich vor das Bett und schob Julia die Hülle von unten über ihre Beine.
»Da ist auch ein Gummizug eingearbeitet?« Julias Stimme wurde leiser. »Es fühlt sich schön an.«
»Es sollte ein angenehmer Druck werden.« Frau Hegel erzählte von Carolins Wünschen, während sie das Nachthemd langsam bis zu Julias Hüften hoch zog. »Ich hoffe, es wird ihnen genauso gut passen wie unserer Tochter.«
»Ach so, das ist nur ein Beinteil.« Julia blickte fasziniert auf ihre Beine, die langsam in der rosa Seidenhülle verschwanden. »Eigentlich nicht überraschend, wenn ich an den Mantel denke.« Trotz ihrer Nervosität versuchte sie so etwas wie ein Lachen.
»Jetzt müssten sie bitte aufstehen.« Frau Hegel reichte Julia die Hand und zog sie vom Bett hoch. Sie wartete, bis Julia sicher auf ihren Füßen stand, dann zog sie das Beinteil noch etwas nach oben. »Hier müssen sie ihre Arme hineinstecken.«
»Bis jetzt fühlt es sich schön an.« Julia wusste, dass sie aufgrund des Mietvertrages das Nachthemd tragen musste und deswegen war sie erstaunt, wie einfach das 'Mietezahlen' sein würde.
»Bevor sie sich wundern, die Ärmel sind seitlich an den Körper angenäht.« Die vielen bisherigen Fehlversuche hatten Hegels dazu gebracht, die Restriktionen lieber vorher zu erwähnen, zumal ihre Mieterin ja auch die Verpflichtung eingegangen war, das Nachthemd auf jeden Fall zu tragen. »Sie werden ihre Arme dann nur noch wenig bewegen können.« Vor allem war es damit nicht mehr möglich, den Reißverschluss des Nachthemdes zu erreichen, doch das würde Julia sicher bald selbst entdecken.
Als Antwort steckte Julia ihre Arme zügig in die bereitgehaltenen Ärmel, sie wollte zeigen, dass sie davor keine Angst hatte. Außerdem war die Aussicht, in der Nacht etwas eingeschränkt zu sein, wesentlich leichter zu ertragen als der Gedanken, unter irgendeiner Brücke übernachten zu müssen. Auch wenn sie letzteren Gedanken lange verdrängt hatte.
Frau Hegel zog danach das Nachthemd bis zu Julias Schultern hoch, zupfte es noch etwas zurecht, dann blickte sie ihre Mieterin fragend an. »Sitzt es gut?« Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort. »Kann ich den Reißverschluss schließen?«
Julia ahnte noch nicht, welch gravierenden Konsequenzen der Reißverschluss für ihre Bewegungsfreiheit haben würde, doch sie spürte aber auch keinerlei Unbehagen. Der Stoff fühlte sich sehr gut an auf ihrer Haut und das Nachthemd saß sehr bequem, fast als wäre es eine Maßanfertigung. Doch zu einer Antwort war sie in diesem Moment nicht fähig. Sie nickte nur und blickte fasziniert an sich herunter.
Frau Hegel griff langsam an den Anfasser und zog ihn langsam nach oben.
Julia keuchte etwas, als sie den zunehmenden Druck auf ihrer Haut spürte.
Frau Hegel hielt inne. »Geht es?«
»Es passt alles.« Julia hatte Schwierigkeiten zu antworten, weil sie von ihren Gefühlen überwältigt wurde. Der Stoff auf ihrer Haut fühlte sich immer mehr an wie eine feste Umarmung und war sehr angenehm. Sie hatte bisher keine konkrete Vorstellung davon, was das Tragen des Nachthemdes wirklich bedeuten würde, doch das es etwas so angenehmes sein würde, damit hatte sie nicht gerechnet.
Beim Oberkörper musste Frau Hegel erst die beiden Teile des Nachthemdes zusammenziehen und mit einer Hand festhalten, bevor sie den Reißverschluss weiter zuziehen konnte. Dann schließlich war das Nachthemd ganz geschlossen. »Das war es schon.«
Julia hatte bisher höflich still gehalten, jetzt begann sie sich ein wenig zu bewegen und sie stellte sofort fest, dass sie sehr viel ihrer Bewegungsfreiheit eingebüßt hatte. Doch sie traute sich nicht, sich diesbezüglich zu äußern.
»Hier am Bett ist ein Kabel mit einem Notfallknopf angebracht. Wenn sie Hilfe brauchen, dann scheuen sie sich nicht, ihn zu bedienen.« Die Vermieterin griff an das Bett und zeigte Julia das angesprochene Kabel. Als sie sicher war, dass Julia her schaute, drückte sie auf den Knopf.
Es dauerte keine Minute, als es an der Tür klopfte und gleich darauf trat Frauke ein.
»Danke Frauke, ich wollte es nur demonstrieren.« Frau Hegel blickte kurz zu der Dienerin, die mit erwartungsvollen Blick in der offenen Tür stand.
Es war zwar auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich, doch diese Alarme waren eine der wenigen Abwechslungen in ihrem sonst so traurigen Alltag. Frauke deutete einen Knicks an, dann schloss sie die Tür wieder.
»Bitte scheuen sie sich nicht, das Signal zu geben, wenn sie in einer Notlage sind.« Frau Hegel versuchte ihrer Stimme eine gewisse Wichtigkeit zu geben. »Es wird sich auf jeden Fall jemand um sie kümmern.«
Julia legte sich auf das Bett und blickte ihre Vermieterin dankbar an. Antworten konnte sie in diesem Moment nicht.
»Sie sollten es sich gemütlich machen.« Sie griff zur Schublade im Nachttisch und holte eine Fernbedienung heraus und legte sie so auf das Bett, dass Julia sie gut erreichen konnte. Dann ging sie zu dem Schrank, der gegenüber dem Bett stand, und öffnete ihn. »Hier ist der Fernseher.«
Insgeheim war Frau Hegel froh, dass sie Julia so weit hatte, ohne dass sie groß Gelegenheit gehabt hatte sich im Zimmer genauer umzusehen. Dann hätte sie nämlich die im Moment noch leeren Schränke entdeckt, für die sie keine Erklärung gehabt hätte.
* * *
»Was macht sie?, fragte Frau Hegel mit leiser Stimme, als sie den kleinen Überwachungsraum betrat.
»Sie macht einen sehr glücklichen Eindruck«, antwortete Herr Hegel, ohne den Blick von dem kleinen Überwachungsmonitor zu heben. »Noch liegt sie einfach auf dem Bett.«
»Naja, was soll sie auch mehr machen.« Frau Hegel kicherte.
»Wird es Probleme machen, dass es eine meiner Studentinnen ist?« Seine Stimme zeigte, dass er ernsthaft besorgt war.
»Ich hoffe nicht.« Frau Hegel setzte sich neben ihren Mann. »Aber wir müssen es nehmen, wie es kommt. Das ist unsere letzte Gelegenheit. Wenn es dieses Mal nicht klappt, dann müssen wir es aufgeben.«
»Nach all dem, was wir investiert haben, wäre es sehr schade.« Herr Hegel seufzte. »Wie hat sie denn auf den Mantel reagiert?«
»Bestens.« Frau Hegel gab ihre Eindrücke wieder und berichtete fast atemlos von den zwei Orgasmen, den Julia in ihrer Gegenwart hatte. »Am Ende wollte sie den Mantel fast gar nicht mehr ausziehen.«
»Und das Nachthemd scheint ihr auch zu gefallen.« Er ergriff ihre Hand und streichelte sie. »Was meinst du, wird es klappen?«
»Es muss klappen, es muss.« Frau Hegel seufzte. »Du weiß, es ist unsere letzte Möglichkeit. Wir müssen ganz vorsichtig sein und es langsam angehen.«
»Langsam?« Frau Hegel versuchte einen Widerspruch. »Wir haben nur noch drei Wochen, dann müssen wir sie vorstellen.«
»Du hast recht.« Er seufzte, dann blickte er wieder auf den Monitor. »Ich glaube, jetzt passiert etwas.«
So nach und nach bemerkte Julia ihre Erregung. Sie war heiß und sehnte sich nach Erlösung. Erst jetzt wurde ihr ihre jetzige Situation bewusst. Sie wollte sich Erlösung verschaffen und dachte fast verliebt an den Vibrator, den sie wie ihr Heiligtum aufbewahrte. Sie hatte auch stets Geld für Batterien zurückgelegt und lieber verzichtete sie auf das Abendessen, als auf das einzige Vergnügen, zu dem sie nur ihren Körper und diesen kleinen vibrierenden Stab brauchte. Doch der Freudenbringer lag jetzt unerreichbar in ihrem Koffer. Sie ärgerte sich, dass sie nicht daran gedacht hatte, ihn rechtzeitig heraus zu nehmen, bevor sie sich in dieses so faszinierende Nachthemd einschließen ließ.
Natürlich hatte Frau Hegel ihr den Ausweg gezeigt, den sie in Notfällen benutzen durfte, doch dies war kein Notfall, auch wenn ihr Körper dies anders empfand. Gegenüber ihrer Vermieterin hätte sie vielleicht den Mut aufgebracht, sich diese Blöße zu zeigen. Doch wenn sie daran dachte, dass sie dieser seltsamen Dienerin erklären müsste, was sie vorhatte, dann verzichtete sie lieber. Nur langsam fielen ihr die Handgriffe aus ihrer Jugend wieder ein und langsam bewegte sie ihre Hände in Richtung ihres kleinen Paradieses. Zu ihrer Erleichterung stellte sie fest, dass ihr das Nachthemd diese Bewegung noch bequem erlaubte.
»Und, war sie erfolgreich?« Herr Hegel hatte sich bewusst von dem kleinen Monitor weggedreht.
»Ihrem glücklichen Gesicht und ihren Zuckungen nach ja.« Frau Hegel schüttelte den Kopf. »Warum hast du nicht selbst hingesehen?«
Doch Herr Hegel blieb die Antwort schuldig.
»Es ist, weil sie deine Studentin ist.« Seine Frau hatte es als Feststellung formuliert, doch in Wirklichkeit war es eine Frage.
»Sie ist so kreativ und zugleich so unkonventionell.« Seine Stimme war sehr nachdenklich. »Ich frage mich wirklich, ob wir das Richtige tun.« Er holte tief Luft. »Sie ist die beste seit Jahren. Es wäre schade, wenn sie das Studium deswegen abbrechen würde.«
»Den Weg müssen wir jetzt beide gehen, Winfried.« Frau Hegel seufzte.