Padogenien - Das Königreich der Bondagetten – Cathrins Vergangenheit
Autor: Karl Kollar
Knarrend öffnete sich die alte Geheimtür und Cathrin trat mit angehaltenem Atem in die Ausrüstungskammer des Internats. Sie bemühte sich, keinen Lärm zu machen, als sie die Geheimtür leise wieder schloß. Früher mußte sie immer einen Stein in die Tür legen, damit sie nicht zufiel, bis sie dann vor einem Jahr durch Zufall den Mechanismus zum Öffnen gefunden hatte. Wenn sie bei der alten Statue der Prinzessin Tikretia kräftig auf den roten Ballknebel drückte, dann öffnete sich die Tür zum Geheimgang.
Cathrin schlich sich gern in diese Kammer, denn hier konnte sie von den Prinzessinnen träumen, hier konnte sie an deren Welt teilnehmen, wenn auch nur in ihren Gedanken. Natürlich hatte ihre Mutter es ihr streng verboten, in die Kammer zu gehen und die normale Tür war auch immer verschlossen. Doch eines Tages hatte Cathrin in dem alten Gemäuer, in dem das Internat untergebracht war, die Geheimgänge entdeckt.
Gestern hatte der Königliche Sattler die reparierten Ausrüstungen zurückgebracht und Cathrin war sehr gespannt, ob der Knebel wieder da war. Und richtig, dort lag er im Regal, die beiden Lederriemen glänzten etwas und der Knebelball schien Cathrin geradezu anzulachen. Und Cathrin konnte dem Knebel auch keine Sekunde widerstehen. Mit zitternden Händen griff sie in das Regal, nahm sich die Kugel mit den beiden Riemen und fast zärtlich hielt sie die Kugel in ihrer Hand und sie genoß das Gefühl der weichen Lederriemen.
Ihre Neugier siegte und mit einem leisen Stöhnen steckte sie sich den Ball langsam in ihren Mund, dann schnallte sie sich den Riemen hinter ihrem Kopf fest. Gewiß, das Tragen von Ballknebeln war nur den Prinzessinnen erlaubt und der Königliche Rat achtete streng auf die Einhaltung dieses Gesetzes. Doch hier würde sie keiner erwischen. Und so genoß Cathrin den Ball in ihrem Mund und begann zu träumen.
* * *
Jetzt hatte sie jetzt Zeit. Ihre Schulzeit war vorbei und in sechs Wochen würde sie ihre Ausbildung in der Königlichen Schneiderei beginnen, wo die Kleider für die Prinzessinnen genäht wurden. Und die Monohandschuhe. Cathrin freute sich schon sehr darauf, so etwas nähen zu dürfen. Und die Prinzessinen würden sicher auch mal zur Anprobe kommen.
Die Prinzessinnen. Ja, sie waren etwas besonderes. Als einzige im Königreich Padogenien durften sie Fesseln, Knebel und Monohandschuhe tragen. Und jedes junge Mädchen und jede Frau träumten davon, einmal eine Prinzessin zu sein.
Ihre Mutter leitete das Internat, in dem die jungen Prinzessinnen ihre zweijährige Ausbildung bekamen. Ihnen wurde alles beigebracht, was sie als Prinzessinnen wissen mußten. Wie die Knebel richtig zu tragen sind, die richtige Haltung in den Monohandschuhen und der richtige Umgang mit den strengen Korsetts.
Alle Freundinnen von Cathrin glaubten, sie käme ständig mit den Prinzessinnen in Kontakt und Cathrin tat nichts, um dies richtig zu stellen. Sie lebte zwar mit ihrer Mutter in einer kleinen Dienstwohnung in dem Internat, doch zu den eigentlichen Unterrichtsräumen und erst recht zum Wohnbereich der Prinzessinnen hatte sie keinen Zugang. Nur jetzt, in den Ferien, konnte sie sich ab und zu mal heimlich in die Unterrichtsräume schleichen oder auch mal in den Schlafsaal.
Doch ab und zu gab es schon Begegnungen mit den Hoheiten. Sehr gern erzählte sie ihren Freundinnen die Geschichte, wie einmal eine Prinzessin mit der Kutsche abgeholt werden mußte und Cathrin mitfahren durfte zum Gepäcktragen. Und dann saß sie sogar in der Kutsche der Prinzessin gegenüber. Ihre Mitschülerinnen flossen dahin vor Neid.
Aber am liebsten erzählte Cathrin die Geschichte, wie sie mal einer Prinzessin den Monohandschuh zuschnüren durfte. Sie erwähnte natürlich nicht das viele Geschimpfe der Prinzessin, weil es der nicht fest genug war. Aber ihre Zuhöhereinnen waren mehr als begeistert.
Und seit gestern hatte sie wieder etwas zu erzählen. Sie war auf dem Weg zum königlichen Knebelmacher gewesen.
Sie ging dort sehr gern hin, denn obwohl sein Geschäft kein Schaufenster hatte, hingen doch oft Bilder von Prinzessinnen in seinen Fenstern. Sie hatten sich einen neuen Knebel machen lassen und ließen sich dann manchmal damit malen. Gern schaute Cathrin sich die Bilder an und sie fragte sich, wie es wohl sein würde, wenn man wie eine Prinzessin ständig so eine Kugel im Mund haben dürfte.
Im Stadtpark, der auf dem Weg zum Knebelmacher lag, war sie einer Prinzessin begegnet, die dort mit ihrer Dienerin unterwegs war und Cathrin hatte sie hast unhöflich angestarrt. Toll sah sie aus in dem aufwendigen Seidenkleid, dem strengen Korsett und dem strengen Monohandschuh. Und als sie Cathrin von vorne sah, konnte sie auch das Kopfgeschirr in Augenschein nehmen, es war ein grünes Geschirr aus feinem Leder. Die Hoheit hatte recht laut mit ihrer Dienerin geschimpft, obwohl sie einen solchen Knebel trug. Cathrin hatte kaum etwas verstanden, doch die Dienerin schien genau zu wissen, was die Prinzessin wollte. Jetzt hatte Cathrin wieder was zu erzählen und ihre Freundinnen würden sicher vor Neid dahin fließen.
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Schon seit einigen Jahren hatte Cathrin miterlebt, wie jedes Jahr die neuen Prinzessinnen ins Internat kamen, um ihre Prinzessinnenausbildung anzutreten. Stolz waren sie alle und Cathrin träumte immer davon, einmal so eine Prinzessin zu sein und stets hatte ihre Mutter ihr klar gemacht, daß dies unmöglich sei. Doch davon ließ sich Cathrin nicht beirren, sie träumte weiterhin davon.
Besonders toll waren für Cathrin die Besuchstage, wenn die Eltern, die Geschwister und besonders die zukünftigen Ehemänner der Prinzessinnen, die Prinzen kamen. Denn dann wollte jede Prinzessin besonders streng angezogen sein und den besten Knebel tragen. Sie wetteiferten, wer den engsten Rock trug und wer das strenge Korsett trug. Dies waren die einzigen Tage, wo Cathrin ins Internat durfte und sie liebte diese Tage über alles.
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Praktisches Fesseln, dies wurde vom Königlichen Rat streng streng überwacht, war nur den Prinzessinnen vorbehalten. Und die Aufpasser des Königlichen Rats waren überall.
Manchmal beim Spielen hatten die Mädchen sich schon mal Tücher als Knebel in den Mund gesteckt, es war immer toll, etwas verbotenes zu machen, aber richtiges Knebeln war undenkbar. Natürlich waren die Prinzessinnen immer Tagesgespäch und wann immer eine Schülerin eine Prinzessin zu Gesicht bekommen hatte, war dieses sofort ein Thema für den nächsten Tag in der Schule. Jede von ihnen träumte, einmal einen Knebel im Mund zu haben und auch mal einen Monohandschuh tragen zu dürfen. Und Träumen war nicht verboten...
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Irgendwo klappte eine Tür und Cathrin erschrak. Sie trug ja immernoch den Knebel im Mund. Wenn ihre Mutter sie jetzt so erwischen würde. Hastig öffnete sie die Schnalle und zog den Ball aus ihrem Mund. Die Schritte kamen näher. Schnell wischte sie den Knebel mit ihrer Schürze ab und legte ihn zurück ins Regal. Dann lief sie hastig zur Geheimtür, öffnete sie und verschwand darin. Sie griff außen an den Hebel der die Tür wieder verschloß und kaum daß die Tür zu war, hörte sie auch schon, wie ihre Mutter die Tür zur Kammer öffnete.