Padogenien - Das Königreich der Bondagetten

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Padogenien - Das Königreich der Bondagetten – Teambildung

Autor: Karl Kollar

Cathrin hatte fast die halbe Nacht leise vor sich hin geweint. Sie wollte keine Prinzessin mehr werden nach dieser so großen Enttäuschung von gestern. Doch sie lag in ihrem Prinzessinnen-Schlafsack hilflos auf dem Bett und wußte, daß sie nicht mehr zurück konnte. Erst spät in der Nacht war sie in einen traumlosen Schlaf gefallen.

* * *

Am Morgen war es für Cathrin nicht verwunderlich, daß sie als allerletzte aus ihrem Nachtgefängnis befreit wurde. Im Gegenteil, sie wäre am liebsten im schützenden Bett geblieben. Der Schlafsack gab ihr trotz seiner beschämenden Einfachheit doch viel Geborgenheit.

Doch Theresa, eine der Helferinnen, wußte mit unmotivierten Prinzessinnen umzugehen und so waren kurz nach dem gemeinsamen Wecken alle Prinzessinnen bereit, den ersten Tag ihrer Ausbildung anzutreten. Für alle Prinzessin lag das gleiche Internatskleid bereit, so das sich die Hoheiten nur noch aufgrund des Knebel und des Handschuhs unterschieden.

* * *

Als Cathrin in den kleinen Speisesaal kam, waren schon zwei Tische besetzt. Mathilde, eine der blauen Prinzessinnen und Celine, die andere schwarze Prinzessin saßen an einem Tisch und am anderen Tisch saßen Franziska und Elisabeth, die anderen beiden blauen. Cathrin hatte sich eigentlich drauf eingestellt, zusammen mit Celine an einem Tisch zu sitzen, doch so nahm sie einfach an einem der beiden freien Tische platz. Von den anderen Prinzessinnen wurde sie nicht beachtet, was ihr aber nichts ausmachte.

Selma und Johanna, die beiden grünen Prinzessinnen kamen herein Sie blickten kurz auf die vier Tische und setzten sich dann an den letzten verbleibenden leeren Tisch. Cathrin war es egal. Sollten sie doch.

Dann kam Barbara, die Köngstochter in den Raum und blieb kurz stehen, um sich umzusehen. Die anderen Prinzessinnen waren aufgestanden, so wie sie es gelernt hatten. Bloß Cathrin war sitzen geblieben Die anderen fingen schon an zu tuscheln.

Doch groß war ihr Erstaunen, als Barbara einfach zu Cathrin an den Tisch ging und sie lächelnd fragte, ob der Platz noch frei sei. Cathrin blickte sie total erstaunt an und mußte erst einmal schlucken, bevor sie Ja sagen konnte. Barbara nahm Platz und wünschte Cathrin einen guten Morgen.

Diese war immer noch ziemlich verblüfft, doch dann hatte sie sich gefangen und brummte ein »Guten Morgen«. Irgendwie paßte es Cathrin überhaupt nicht, das sie jetzt am Tisch der Königstochter saß. Im Gegenteil, die Königstochter saß an ihrem Tisch, dachte sie.

Die anderen Prinzessinnen waren schockiert und tuschelten vor sich hin. Doch keine der Mädchen traute sich etwas zu sagen. Die ganze Zeit äugten sie zu dem Tisch von Cathrin und Barbara hinüber und waren entsetzt darüber, das Cathrin die Königstochter mit so wenig Achtung behandelte. In ihren Augen verstieß sie gerade gegen sämtliche Protokolle. Es war einfach unmöglich.

Cathrin war dies alles ziemlich egal, im Moment wollte sie nur in Ruhe frühstücken.

* * *

Als die Beide vom Buffett zurück kamen, bedankte sich Barbara und Cathrin blickte sie ziemlich verwundert an. »Ach weißt Du, ich finde es richtig schön, das du mal nicht aufgestanden bist, wie es sich eigentlich gehört hätte. Ich bin dieses Protokoll so was von leid. Es ist richtig schön, mal was anderes zu erleben.«

Cathrin blickte sie erstaunt an und wußte zunächst nicht, was sie sagen sollte. Barbara kam ihr zu Hilfe. »Bitte sei einfach so wie immer. Denk einfach nicht daran, wer ich bin.« Sie machte einen Pause und flüsterte »Ich bin es so leid.«

Cathrin faßte etwas Vertrauen zu Barbara und blickte sie vorsichtig an.

Barbara grinste leicht. »Ich beiße nicht.«

Jetzt war es an Cathrin, etwas zu lächeln. »Das wollte ich auch nicht machen.«

Sie genossen beide ihr Frühstück und ihrgendwie hatte sich Cathrins Laune schon etwas gebessert.

* * *

Victoria hatte nach dem Frühstück gleich in den Unterrichtsraum geladen und hieß noch einmal alle Hoheiten bei der Ausbildung willkommen. Sie gab einen Überblick über den Lehrstoff und betonte noch mal die Besonderheit dieses Lehrgangs, nämlich daß diesmal die Königstochter dabei war. Und nach einer kurzen Pause fügte sie noch hinzu, das auch ihre eigene Tochter diese Ausbildung machen durfte. Bei diesen Worten tuschelnten die blauen Prinzessinnen miteinander.

»Nun laßt uns zum ersten wichtigen Punkt schreiten, der Einteilung in die vier Ausbildungsteams.« Ihre Stimme klang irgendwie wichtig und konzentriert. Sie wußte, das dieser Punkt bestimmt Ärger machen würde »Habt ihr euch schon Gedanken gemacht?«

Drei Teams standen recht schnell fest. Prinzessin Mathilde wollte mir ihrer Halbschwester Celine ein Team bildern. Selma und Johanna als Team war auch vorauszusehen und natürlich wollten Franziska und Elisabeth ein Team bilden. Übrig blieben hierbei aber die Königstochter und Cathrin. Victoria fragte die sechs Prinzessinnen, ob sie wirklich auf dieser Teameinteilung bestehen würden. Das würde einige Probleme bereiten.

Die Prinzessinnen blieben dabei. Nur so wollten sie die Teams bilden.

Victoria hatte sich die Teambildung ganz anders vorgestellt. Natürlich sollten Cathrin und Celine ein Team bllden, das schwarze sozusagen. Selma würde mit Barbara ein rot-grünes Team bilden, dann würde es noch ein grün-blaues gäben und ein ganz blaues. Dann wäre alles in Ordnung und das Protokoll wäre eingehalten. Doch jetzt blieb ihre Tochter als schwarze Prinzessin über und es gab keinen Partner für die Königstochter.

Barbara schien es zu spüren und ganz tief in ihrem Innereien war sie darüber erleichtert. Sie hatte sich eigentlich schon damit abgefunden, mit Selma ein Team bilden zu müssen und deswegen war sie jetzt sehr erleichtert, das sie es in eine andere Richtung lenken konnte. Sie ging auf Victoria zu und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Die Leiterin war erstaunt. »Sind Sie sicher, Hoheit, das Sie das wirklich wollen?« Die Königstochter blickte ziemlich entschlossen.

Dann blickte Victoria etwas ratlos in die Runde. Dann nahm sie ihre Tochter beiseite und sprach kurz mit ihr. Auch Cathrin zeigte einen ziemlich erstaunten Gesichtsausdruck.

Sie wandte sich noch einmal an die Prinzessinnen, die mit einem Eklat rechneten oder etwas ähnlichen. Die Königstochter würde sich doch nie herab lassen mit einer schwarzen Prinzessin die Ausbildung zu machen. Noch dazu mit einer ganz ohne Adel.

Victoria blickte noch einmal ziemlich unsicher in die Runde. »Ihr seid Euch ganz sicher, diese Einteilung genau so haben wollt? Ich muß dann eine schwere Entscheidung treffen und verantworten.«

Alle Prinzessinnen bestätigten ihre Wünsche.

Victoria räusperte sich. »Mit Einverständis ihrer königlichen Hoheit, Prinzessin Barbara gebe ich bekannt, das sie und meine Tochter Cathrin das vierte Team bilden.«

Sie hatte es kaum ausgesprochen, als ein Tumult entstand.

Sie nahm Barbara und Cathrin bei der Hand und führte sie beiseite. Dabei lächelte sie. »Sie werde sich dran gewöhnen.«

Dann wurde sie etwas leiser und wandte sie sich direkt an die beiden Mädchen. »Ihr beide werdet es nicht leicht haben bei dieser Ausbildung. Aber ich denke, ihr werdet Euch gut ergänzen. Ich wünsche Euch alles Gute.«

Sie legte den beiden Mädchen die Hände auf die Schultern. »Wenn sich die anderen beruhigt haben, dann können wir wieder weiter machen.«

Victoria gab bekannt, das sie sich jetzt für den Tag fertig machen sollten. Die Helferinnen würden ihnen Knebel und Monohandschuh anlegen und dann hätten sie Zeit, um sich im Team besser kennen zu lernen.

* * *

Bis zum Mittagessen stand nichts weiter auf dem Unterrichtsplan. Die Prinzessinnen sollten genügend Zeit haben, um sich gegenseitig bekannt zu machen und um sich weiter zu beschnuppern. Cathrin war noch ganz überwältigt von den Ereignissen beim Frühstück und besonders von ihrer Teampartnerin.

Gewiss, sie wußte schon seit langem, das es die Tochter des Königs gab und das sie ungefähr in ihrem Alter war, dennoch war Cathrin noch sehr verwirrt. Sie wußte noch nicht, was sie von all dem halten sollte.

Ihre Tante Carla, die die Betreuung der Königstochter übernommen hatte, erinnerte sie daran, das sie jetzt auch den Handschuh und den Knebel anlegen sollte. Sie half Cathrin dabei, nachdem Barbara schon fertig neben ihr stand. Selbstverständlich kam die königliche Hoheit vor ihr dran, aber das war Cathrin ziemlich egal.

Wieder war es Barbara, die die Initiative ergriff, als Cathrin fertig war. »Laß uns spazieren gehen« war recht gut durch den Knebel zu hören und Cathrin war sich jetzt gar nicht mehr so sicher, ob sie ihr Knebelsprechen wirklich ausreichend geübt hatte.

Sie ging mit langsamen Schritten neben Barbara her und beide schwiegen zunächst. Barbara eröffnete das Gespräch. »Ich bin froh, das Du meine Teampartnerin bist.«

Cathrin wußte zunächst nichts zu antworten. Sie zuckte mit den Schulter, war mit dem Handschuh sehr süß aussah.

»Ich hatte schon Angst, ich müßte mit Selma oder Johanna in ein Team«, sagte Barbara wohl mehr zu sich selber. »Die sind so anstregend, bestehen ständig auf das Protokoll und achten auf alles mögliche. Selma petzt dann alles ihrem Vater.«

Es war wohl Cathrins ratloser Blick, der Barbara es noch mal erklären ließ, »Selma ist die Tochter vom Kanzler, und mein Vater tut alles, was er sagt.«

Sie machte eine Pause. »Ich bin ja so froh, das ich ihnen jetzt entgangen bin.«

Cathrin wußte noch gar nicht, was sie sagen sollte. Sie fühlte sich jetzt schon ziemlich überrumpelt.

Barbara war sehr einfühlsam. Sie spürte, das sie wohl erst mal das Thema wechseln sollte. »Du hast ein ganz neues Knebelgeschirr bekommen?« Sie blieb stehen und blickte Cathrin an.

Cathrin strahlte sie an. »Ja, ich war bei Patricia und sie hat es für mich angefertigt.«

Barbara blickte sie neidvoll an. »Ja, die gute Patricia. Sie wird eine gute Knebelmeisterin. Sie ist oft im Schloß und muß meine Knebel ausbessern.«

Von Cathrin kam ein verwunderter Blick, so das Barara erklärte »Ich habe keine neuen Geschirre bekommen. Der Kanzler sagt, das es die alten noch tun.« Dabei verdrehte sie die Augen.

Cathrin blickte sich das Geschirr von Barbara genauer an und sie erkannte, das es schon ziemlich ramponiert war. An einigen Stellen waren deutlich die Spuren von Reparaturen zusehen.

»Das hat meine Großmutter schon getragen.« Cathrin war erstaunt und auf einmal kam ihr ihr schwarzes Geschirr viel wertvoller vor.

»Ich habe noch ein anderes, das ist in einem besseren Zustand. Aber das darf ich nur bei ganz besonders festlichen Anlässen tragen.«

* * *

Sie waren im Garten des Internats angelangt und hatten beide etwas Schwierigkeiten, mit dem Handschuh die steilen Stufen hinab zu steigen.

Es ergab sich, das Barbara hinter Cathrin stand und sich den Handschuh ansehen konnte.

Die Königstochter fragte, welche Lederwerkstatt denn den Handschuh gearbeitete hätte. »Er ist so sauber gearbeitet und mit sehr viel Sorgfalt.«

Cathrin blickte sie dankbar an. »Den habe ich selber genäht. Meister Daniel hat mir dabei geholfen.«

Barbara blickte sie ganz erstaunt an. »So was kannst Du? Wahnsinn...«

Cathrin fühlte sich jetzt ziemlich stolz und die Tränen vom Abend zuvor waren schon fast vergessen.

»Den Schlafsack habe ich auch selber nähen dürfen.« In ihrer Stimme war jetzt fast so etwas wie Stolz zu hören. Und sie spürte, wie sie bei Barbara in deren Achtung gestiegen war.

»Der ist sicher sehr bequem.« die Worte von Barbara verwunderten sie. »Meiner ist ziemlich hart.«

Cathrin blicke recht ungläubig.

»Meister Daniel hat mir das mal erklärt, durch das Einfärben wird das Leder ziemlich hart und unnachgiebig.«

Cathrin war noch in Erinnerung, wie weich und geschmeidig das schwarze Leder doch war.

Barbara stöhnte. »Jeder andere sieht nur das sehr teure grüne Leder und ist beeindurckt. Nur ich muß diese Leder ertragen. Fühl mal den Handschuh, daran kannst Du es schon merken.«

Sie blieb stehen und Cathrin versucht mit ihren auch im Handschuh verpackten Händen durch das Leder hindurch nach Barbaras Handschuh zu tasten. Sie war sehr erstaunt, als sie das wirklich harte Leder des Handschuhs spürte. »Mein Schlafsack ist mindestens genauso hart«, sagte Barbara, als sie die Berührungen von Cathrin spürte. Dies bewirkte vorallem, das Cathrin von ihrer eigenen Arbeit wieder eine etwas bessere Meinung bekam.

Dann machte Barbara einen Vorschlag, den Cathrin nicht mal zu träumen gewagt hätte. »Meinst Du, wir könnten mal tauschen? Ich würde gern mal wissen, wie sich das schwarze Leder anfühlt.«

Cathrins Augen leuchteten fast etwas glücklich. »Ja, das können wir machen. Ich wollte schon immer mal einen grünen Handschuh tragen.«

»Aber sei von dem Leder nicht enttäuscht, es ist ziemlich hat.« Barbara wollte sie warnen.

Cathrin wr dieses egal. Sie wußte ja jetzt wieder, was sie an ihrem Leder hatte

Sie gingen langsam an den grünen Hecken entlang und den kleinen Internatsgarten und hatte doch bei keine Augen für die Blütenpracht, die sich ihnen bot. Zu neu waren für beide die Gefühle, die im Moment auf sie einströmten.

* * *

»Wir werden ein tolles Team.« sinnierte Barbara auf einmal. »Wir werden es diesen...« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. »diesen Schnepfen schon zeigen.«

Cathrin blickte sie zunächst etwas verwundert dann, dann mußte sie lächeln und ließ sich von Barbaras scheinbar guter Laune anstecken.

Dann dann zogen ein paar Sorgenfalten über die Stirn der Königstochter. »Ich hatte gehofft, ich würde hier dem Kanzler entgehen, doch jetzt ist sogar seine Tochter hier, diese Prinzessin Selma.« Sie seuftze. »Mein Vater tut alles, was der Kanzler sagt. Es scheint, als hätte er keinen eigenen Willen. Und jetzt ist dieses Biest auch noch hier und kriegt die selbe Ausbildung wie ich.« Sie seufzte. Cathrin spürte die ernsthaften Sorgen der Königstochter, doch sie wußte, das sie deswegen nichts tun konnte.

* * *

Die Glocke läutete zum Mittagessen. Cathrin und Barbara gingen mit zügigen Schritten auf das Haus zu, mit solchen Schritten, die die Kleidung gerade noch erlaubte. Aus einer anderen Richtung kamen die grünen Prinzessinnen Selma und Johanna. Sie tuschelnte miteinander und als sie Barbara gemäß dem Protokoll grüßen mußten, war es ihnen anzumerken, das es ihnen nicht recht war, das sie Cathrin genauso grüßen mußten. Denn einer Person in Begleitung der Könistochter standen die selben Ehren zu, wie der Hoheit selber.

Barbara stubste Cathrin leicht in die Seite und beide lächelten wie auf Absprache sehr huldvoll und nahmen die Grüße entgegen. Dann mußten beide herzhaft kichern.

Selma und Johanna zogen beleidigt weiter.

* * *

Im Speisesaal warteten schon die vier Betreuerinnen, um den Prinzessinnen Knebel und Handschuh abzunehmen. Prinzessin Barbara ging zu Carla, um mit ihr etwas zu besprechen. Cathrin wußte nicht, was ihre Teampartnerin wollte. Sie sah bloß, das Carla die Königstochter ganz erstaunt ansah. Laut sagte sie. »Wenn ihr das wünscht, dann werde ich es machen.« Sie ging auf Cathrin zu und nahm ihr Knebel und Handschuh ab, während Barbara dabei stand und ihr zusah.

Cathrin war sehr verwundert. Barbara ging auf sie zu und erklärte. »Carla soll uns beide gleich behandeln während unserer Ausbildung, das habe ich mir so gewünscht.« Sie blickte Cathrin fast etwas verliebt an. »Und Du warst vor mir im Raum.« Dann fügte leise hinzu. »Es tut so gut, mal nicht so bevorzugt behandelt zu werden.«

Cathrin wußte noch nicht, ob sie sich darüber freuen sollte. Sie nahm es zur Kenntnis, das Barbara jetzt auf sie warten mußte.

Von der Gesellschaft wurde erwartet, das sie Prinzessinnnen eigentlich immer einen Knebel zu tragen hatten. Doch es gab Augenblicke, wo dies nicht möglich war. Beim Essen wäre der Knebel doch eher störend gewesen. Trotzdem achteten die Hoheiten darauf, so oft wie möglich einen gefüllten Mund zu haben. Bei größeren Banketten und bei Festmahlen standen jeweils Dienerinnen bereit, die dafür sorgten, das die Prinzessinnen nur für die eigentlichen Mahlzeiten vom Knebel befreit wurden und gleich nach dem Essen standen die Dienerinnen bereit, um ihrer Hoheit den Knebel wieder anzulegen.

Die acht Prinzessinnen hatten alle an ihren Tischen Platz genommen und warteten jetzt auf das erste Mitttagessen im Internat.

Die Köchin wußte ungefähr um den Geschmack der Prinzessinnen. Auch Cathrin schmeckte es sehr gut und sie genoß ihre Pause mit freien Armen und ohne Knebel. Doch nach dem Essen legte sie sich wie die andere Prinzessinnen auch gleich wieder den Knebel an.

Sie mußte lächeln, wie sie früher oft heimlich in der Ausrüstungskammer war und die Knebel heimlich probiert hatte. Jetzt machte sie die Prinzessinnenausbildung und durfte den Knebel ganz offiziell tragen. Ihren Knebel. Sie erinnerte sich noch gern an die Stunden bei Patricia, als sie sich ihren Knebel abholen durfte.

* * *

»Cathrin, mein Schatz,«die Stimme ihrer Mutter riß sie aus ihren Träumen. »Es wird Zeit für den Unterricht.«

Sie gingen langsam in den Unterrichtsraum, in den sich Cathrin früher oft mal hinein geschlichen hatte, wenn sie von den Prinzessinnen träumen wollte. Jetzt durfte sie ihn durch die richtige Tür betreten. Doch sie erstarrte sofort, als sie sah, was in dem Raum alles los war.

Auch ihrer Mutter erging es nicht anders. Meister Daniel, der Hofmarschall und der Kanzler waren da.

Cathrin entdeckte zunächst Barbaras verweinte Augen. Sie blickte sie um und als sie den triumphierenden Blick von Prinzessin Selma sah, war klar, wer dies hier veranlaßt hatte. Die neidische Prinzessin hatte während des Vormittags ihrem Vater, dem Kanzler, Bescheid sagen lassen und der hatte das notwendige veranlaßt.

Aber zu ihrer großen Freude stellte Cathrin fest, das der Hofmarschall das Wort führte. Sehr zum Unwillen von Prinzessin Selma.

Gerade befragte er Prinzessin Barbara. »Und es ist euer fester Wille, das ihr die Ausbildung zusammen mit Jungfer Cathrin machen wollt.«

Bei dem Titel Jungfer statt Prinzessin gab es Cathrin einen leichten Stich ins Herz und erinnerte sie sich daran, das sie eben keine echte Prinzessin war und auch nie eine werden konnte.

Barbara bemühte sich, dem Hofmarschall fest ins Gesicht zu blicken, als sie ihm antwortete. Ja, sie sei fest entschlossen und sie wolle die Ausbildung zusammen mit Cathrin machen. »Wir verstehen uns sehr gut.« Jetzt war sie fast etwas trotzig.

Der Hofmarschall beriet sich kurz mit Meister Daniel und dann erst mit dem Kanzler, bevor er laut verkündete, das die Teameinteilung so in Ordnung sei und er wünsche den Prinzessinnen einen erfolgreiche Ausbildung. Die drei Herren verließen eilig den Unterrichtsraum, jedoch nicht ohne einen bösen Blick auf Prinzessin Selma.

Es fiel Cathrin natürlich auf, das sie nicht gar nicht gefragt wurde, doch das hätte sie auch gar nicht erwartet. Sie freute sich auf die Zeit mit Barbara. Insgeheim war sie sich sicher, das sie der Königstochter später nicht wieder so nahe kommen sollte.

* * *

Es kehrte so langsam Ruhe ein und die Form des Unterricht begann, auf die sich Victoria als Leiterin des Internat eigentlich vorbereitet hatte. Sie gab zunächst einen Überblick über den Lehrstoff, stellte die Fächer vor und erklärte wie der Untericht so im einzelnen ablaufen würde.

Es gab einige Fächer, bei denen der Prinzessinnen Wissen beigebracht wurde. In diesem Fächern wurden auch Prüfungen geschrieben, doch es war eine Eigenart, das diese Noten nie bekanntgegeben wurden. Man wollte den vornehmen Familien irgendwelche Blamagen ersparen.

Es würde zwar auch so etwas wie eine Abschlußprüfung geben, aber sie konnte die Prinzessinnen beruhigen, das bisher noch jede bestanden hatte.

Selma zischte in Richtung Cathrin herüber. »Einmal ist immer das erste Mal.«

Cathrin spürte diesen deutlichen Stich und nahm sich vor, die Ausbildung auf jeden Fall bestehen zu wollen.

Die Lernfächer würde es am Vormittag geben, und am Nachmittag nach der ausgiebigen Mittagspause würden dann die praktischen Fächer kommen. Es waren viele komplizierte Tänze zu lernen sowie das richtige Gehen und die Konversation bei Hofe. Außerdem war es schon seit vielen Jahren Tradition, das die Prinzessinnen das Kochen gelernt hatten. Dann gab es noch Handarbeit als Fach sowie Benehmen bei Hofe und der richtige Umgang mit der Dienerschaft.

Cathrin war an dem Stoff ernsthaft interessiert, doch als sie so in die Runde blickte, sah sie, das nicht alle Prinzessinnen ihren Ehrgeiz teilten. Vielen war es egal.

Nur bei Barbara war zu sehen, das sie genauso ernsthaft an dem Lehrstoff interessiert war. Immerhin würde sie die Regierende Königin werden, sollte nicht noch ein männlicher Nachkomme geboren werden und das war doch eher unwarschienlich.

Victoria stellte den Stundenplan vor. Natürlich war der nicht zuvergleichen mit dem Stundenplan aus den normalen Schulen und doch war er doch entsprechend vollgepackt. Am Vormittag gab es in der Regel drei Stunden mit Lernfächern, natürlich mit ausreichenden Pausen dazwischen. Dann am Nachmittag gab es noch drei Stunden praktische Fächer. Am Abend gab es zwei mal die Woche noch etwas Bewegungstraining. Sport würde man es wohl sonst nennen. Aber Prinzessinnen mußten sich ja nur ganz langsam bewegen.

Cathrin genoß die Nähe der Königstochter und sie war irgendwie beruhigt, das diese noch viel größere Probleme hattte als sie selber.

* * *

Für den Abend war eine Wanderung angesetzt durch das Internatsgelände. Für diese Wanderung trugen die Prinzessinnen den Wanderrock. Dieser Rock hatte die Eigenart, das er ihnen nur sehr kleine Schritte erlaubte, so wie es sich einer Prinzessin geziemte.

Dadurch kamen sie natürlich nur sehr langsam voran und es fiel gar nicht auf, das das Gelände nicht viel größer war als ein Sportplatz.

Cathrin genoß diesen Spaziergang sehr. Sie kam mit dem Handschuh immer besser zurecht und durch Barbara bewundernde Worte wußte sie ihn jetzt viel noch mehr zu schätzen wie vor dem Beginn der Ausbildung.

Sie gingen beide nebeneinander her und waren beide sehr konzentriert, um mit dem engen Rock die richtigen Schritte zu machen. Mit dem Händen konnten sie sich diesmal nicht helfen, denn die waren im Handschuh verpackt.

Cathrin genoß jede Sekunde.

* * *

An diesem Abend lag Cathrin wesentlich ruhiger im Bett. Sie fühlte sich wieder wohl in ihrem schlichten, aber so schön weichen Schlafsack. Vorallem ließ sie sich von den anderen aufgemotzten Schlafsäcken nicht mehr blenden. Trotzdem war sie auch darauf gespannt, wie sich das grüne Leder wohl anfühlen würde. Und sie freute sich über Barbara, die ihr gegenüber so natürlich auftrat wie eine beste Freundin und nicht wie die Königstochter.

Glücklich schlief sie ein.