Die Kreuzfahrt – Der Landausflug (Teil 2)
Autor: Karl Kollar
Als David und Christine oben auf dem Berg ankamen, standen die Eltern schon an einer Seite des Berges, wo es zunächst noch einmal einen Meter steil bergab ging. Christine drängte sich an dieser Stelle besonders stark an ihn und er versuchte, sie besonders gut fest zu halten. Es war wirklich nicht einfach dort hinunter zu gehen, zumal Christine dort nicht auf ihre Schritte achten konnte. Später sollte David erfahren, das die Schwester genau an dieser Stelle sehr leichtsinnig war und sich dann nicht mehr hatte halten können.
Die Eltern hatten sich umgedreht und blickten mit traurigen Augen zu Christine, bei der auch eine Träne floß. David ließ sie los und ganz langsam ging Christine die zwei Schritte, bis sie neben ihrer Mutter stand. Dann drehte er sich um und ging den kleinen Hang wieder hinauf. Er wollte in Sichtweite bleiben, aber die drei Trauernden nicht stören.
* * *
Es war sehr still auf dem Berg und es war auch ein wunderschönes Wetter. Wenn da nicht diese kleine Trauergruppe gewesen wäre, dann wäre es ein toller Tag gewesen... Ab und zu blickte er zu Reusseners hinüber und einmal sah er, wie die Mutter einen Blumenstrauß den Berg hinab warf.
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Als er wiedermal zu den Reusseners schaute, hatten diese sich umgedreht und die Mutter suchte ihn mit ihrem Blick. Er ging zügig auf die Klippe zu und nahm Christine wieder in den Arm.
Doch schon nach wenigen Schritten stand David vor dem kleinen Hügel und wußte nicht, wie er Christine da rauf helfen sollte. Er ahnte, wie leicht sie hier abstürzrn konnte und er wollte nichts riskieren.
Christine kam ihm zu Hilfe, denn sie hob ihr Bein und wackelte etwas damit. Und David glaubte zu verstehen. Er stellte sich hinter sie, faste an ihren Knöchel und setzte ihr den Fuß an die nächste sichere Stelle. Zu einer anderen Gelegenheit hätte David sicher ihre schönen Reistiefel bewundert, aber jetzt fand er dafür überhaupt keinen Augenblick Zeit.
So kamen sie langsam voran und Christine spürte die Sicherheit, die von seiner Hilfe aus ging. Schließlich hatten sie diesen schwieirgen Hügel geschafft und standen sie beide nebeneinander. David spürte, wie Christine sich jetzt wieder von ihm führen lassen wollte.
Dieses Mal gingen die Eltern hinter David und Christine her, es wurde bei der Wanderung bergab kein Wort gesprochen und den armen David zerriss es fast vor Neugier. Doch er war sensibel genug zu erkennen, das er jetzt auf keinen Fall Fragen stellen durfte.
Aber dafür schien er jetzt in Christine eine Veränderung wahrzunehmen. Denn irgendwie kam es ihm vor, als wäre sie jetzt erleichtert. Sie hatte einen schnelleren Schritt als auf dem Hinweg und es lag sicher nicht daran, das es jetzt berg ab ging. Außerdem schien sie David immer mehr zu vertrauen und er gab sich alle Mühe, diesem Vertrauen gerecht zu werden.
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Unten am Berg stand auch eine Bank und er spürte, das Christine darauf zu steuerte. Er freute sich schon fast, weil sie dann wieder neben ihm sitzen würde, doch der Vater, der die Absicht erkannte, schlug vor, doch gleich bis zu dem kleinen Restaurant weiter zu gehen. Dort könnten sie dann auch gleich etwas essen.
Zunächst war David enttäuscht, denn Christine würde jetzt bestimmt wieder allein gehen wollen. Doch zu seinem Erstaunen ließ sie sich von ihm weiter bis zum Restaurant führen.
Bei den Stufen zum Restaurant ließ sich Christine noch helfen, dann spürte David, das sie nicht mehr geführt werden wollte. Die Eltern gingen recht zielstrebig auf einen Tisch zu und David wollte auch gerade weiter gehen, doch zu seiner Überraschung drehte Christine sich um und trotz ihres Knebels hauchte sie ihm ein undeutliches 'Danke' entgegen und küßte ihn dann mit ihren geknebelten Lippen auf seine Wange. Dann drehte sie sich schnell wieder um und ging langsam auf den Tisch der Eltern zu.
David war hin und weg, soviel Zutrauen und Nähe hatte er dann doch nicht erwartet.
Als er dann am Tisch ankam, sah er gerade, wie die Mutter mit Christine weg gingen.
"Die Damen möchten sich ein wenig frisch machen. Nehmen sie doch Platz." Und David nahm den Platz neben Herrn Reussener, der er ihm gerade anbot. Dann warteten die beiden schweigend auf die Rückkehr der Damen.
Als Christine mit ihrer Mutter zurückkam, sah David sofort die Veränderung. Christine trug nicht mehr die Reitkappe und statt dem Knebelgeschirr trug sie jetzt wieder einen einfachen Ballknebel. Ihr strenger Kragen ist offen und die Tränenspuren waren weggewischt.
Weiterhin trug sie jetzt auch einen Riemen oberhalb der Knie, der ihr jetzt nur noch langsame Schritte erlaubt. Und trotz all der Einschränkungen ihrer Feiheit schient es David, als genieße es Christine, als sei ihr eine große Last von den Schultern genommen.
Der Eindruck wurde während des Essens noch verstärkt, den obwohl die Mutter ihre Tochter mit dem Salat, den sie für die Tochter bestellt hatte, fütterte, schien Christine dies nichts auszumachen. Im Gegenteil, wann immer David zu ihr rüber blickte, machte sie einen sehr glücklichen Eindruck. Von einer Demütigung war nichts zu sehen.
Die Mutter erzählte, das sie eine Bekannte von damals getroffen hat und das sie nach dem Essen kurz noch mal zu ihr wollte. Sie hatte ihnen damals bei den ganzen Formalitäten geholfen.
* * *
Gerade waren sie mit dem Essen fertig, die Mutter hatte gerade Christines Knebel zur Hand genommen, als plötzlich eine Frau aus der Küche heraus kam und mit einem lauten "Sie kommen mit. Sie mitkommen müssen." auf den Tisch der Reusseners zu stürmte. Sie ergriff die Hand der Mutter und mit einem weiteren "Sie kommen ... mitkommen müssen." zog sie die Mutter fast vom Stuhl.
Alle am Tisch waren recht verwirrt und auch David war erbost über soviel Unhöflichkeit. Außerdem hätte Christine jetzt gleich wieder ihren Knebel bekommen. Die Mutter blickte recht ratlos in die Runde, dann auf einmal legte sie David den Knebel neben seinen Teller, sagte dazu "Bitte könnten sie mal..." und war verschwunden.
Drei sehr verwirrte Personen blieben zurück. Der Vater, der sich als erster wieder gefangen hatte und der jetzt Christine sehr ernst an sah. Diese schien auch zu wissen, um was es ihrem Vater ging, doch obwohl sie nicht geknebelt war, wagte sie nicht, etwas zu erwidern.
David wurde auf einmal sehr nervös, denn ihm dämmerte, was jetzt von ihm erwartet wurde. Er blickte zunächst recht unsicher zu Christine hinüber und diese lächelte ihn an, so als ob sie ihn ermutigen wollte.
David hörte, wie der Vater sich räusperte und er wußte, das dieses Räuspern Christine galt, nahm er sich ein Herz und ging zu ihr hinter ihren Stuhl, den Knebel in den zitternden Händen. Christine, als ob sie es ihm leicht machen wollte, und so war es wohl auch, hatte ihren Mund aufgemacht, so daß er ihr mit zitterten Händen den Ball in den Mund schieben konnte.
Dann begann er, die Riemen zum Schließen in die Hand zu nehmen und hätte Christine den Knebel nicht mit ihren Zähnen festgehalten, dann hätte er wohl den Knebel mehrmals fallen gelassen. Endlich hatte er es mit immer noch zitternden Händen geschafft, die Riemen zu schließen, doch als er dann wieder das Räuspern von Herrn Reussener hörte, erinnerte er sich an das Essen auf dem Schiff und versuchte, den Knebel noch ein Loch enger zu machen.
Völlig erschöpft setzte er sich dann wieder auf seinen Platz und versuchte, wieder zur Ruhe zu kommen. Christine hielt ihren Kopf dann wieder gesenkt und hatte auch die Augen fast geschlossen.
* * *
Erst als die Mutter wieder kam, wurde es wieder etwas lebhafter am Tisch. Sie schüttelte etwas den Kopf und murmelte etwas von "damals..."
Der Vater blickte auf seine Uhr und selbst diesmal sagte er nichts, doch in seiner Miene war 'Aufbruch' zu lesen.
Die Mutter lehnte sich zu Christine hinüber und schloß ihr den Kragen, der ihr wieder diese strenge Kopfhaltung vorschrieb.
Chrstine war so mehr oder weniger gezwungen, David direkt ins Gesicht zu blicken und als dieser sie auch anblickte... war für einen kurzen Moment ein Lächeln in Christines Augen.