Die Kreuzfahrt – Heimlichkeiten und Sorgen
Autor: Karl Kollar
David war mehr als glücklich. Christine lag auf seinem Schoß und schlief. Er hätte es so ewig haben können. Er dachte nach.
Morgen würde die Kreuzfahrt zu Ende gehen. Auf einmal erschrak er und er fragte sich, ob er Christine wiedersehen würde. Bisher hatte er sich um die Zukunft noch gar keine Gedanken gemacht.
Christine stöhnte leise im Schlaf.
Ob er sie wieder sehen würde? Jetzt war er ziemlich verunsichert. Er würde zwar für ihren Vater arbeiten, doch deswegen würde er er ja nicht automatisch Kontakt zu ihr haben. Wie würde es bloß werden. Er wußte bis jetzt auch überhaupt nicht, was Christine so beruflich machte. Ob sie überhaupt schon arbeitete.
Er war sich über seine Gefühle nicht im Klaren, aber er wußte, das er Christine wiedersehen wollte. Unbedingt.
* * *
Er sah eine Gestalt den Hügel heraufkommen und im ersten Moment ärgerte er sich, weil diese sicher Christine aufwecken würde. Doch als die Person näher kam, erkannte David zu seiner Erleichterung, das es Frau Reussener war.
Als sie näher kam, zeigte ihr David mit dem Zeigefinger vor dem Mund, das Christine eingeschlafen war. Sie schien dies zu verstehen, denn sie verlangsamte ihren Schritt und kam langsam näher. Als sie sich neben Christine auf die Bank gesetzt hatte, blickte sie zunächst mit einer Mischung aus Liebe und Mitleid auf ihre so streng verpackte Tochter, dann wandte sie sich an David.
Sie flüsterte, als sie mit David ein Gespräch begann. »Christine ist nicht meine einzige Tochter« und es war zu spüren, das es ihr nicht leicht viel. »Sie wissen ja, wo Regina verunglückte«
David fiel der große Landausflug wieder ein, wo er Christine das erste Mal führen durfte.
»Sie war ihre Vaters Liebling. Er ist über ihren Tod nur sehr sehr schwer hinweggekommen.«
Er zwang sich, alle seine Aufmerksamkeit auf die leisen Worte von Christines Mutter zu richten.
»Er hat Christine nie verziehen, bis heute nicht. Er gibt ihr die Schuld an Reginas Tod.«
Sie machte eine lange Pause. Sie schien mit sich selber zu kämpfen. Dabei warf sie immer wieder einen Blick auf die schlafende Christine und ihren so streng gefesselten Körper.
David schwieg. Sie schien keine Antwort zu erwarten und David hätte auch nicht gewußt, was er hätte sagen sollen.
»Sie hätten gleich ins Kino gehen sollen.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause und bei David rührte sich so etwas wie ein schlechtes Gewissen. »Ich will ihnen keinen Vorwurf machen. Ich kenne Christine. Aber als mein Mann sie bei ihrem Wortbruch ertappt hat«, David wollte protestieren, doch sie sprach gleich weiter, »da war für ihn die Sache klar. Christine hat es nicht geschafft, ihre eigenen Zusagen einzuhalten.«
Die Pause wurde noch länger.
»In den Augen meines Mannes hat Christine sämtliches Vertrauen verspielt. Sie hat dann zwar das abgesprochene Straf-Programm widerspruchslos akzeptiert, aber das macht es jetzt auch nicht mehr besser.«
David wußte jetzt gar nicht mehr, was er denken sollte. So wichtig hatte er den Kinoabend gar nicht genommen. Er hatte bis jetzt nicht verstanden, warum Christine auf einmal so verwandelt war. Jetzt begann er so langsam zu verstehen. Und er sein schlechtes Gewissen wurde größer.
Auf einmal spürte er, wie Christine auf seinem Schoß heftig zuckte und stöhnte. Frau Reussener bemerkte dies auch und sie schien ihre Tochter gut zu kennen, denn sie streichelte leicht über ihren Rücken und sprach mit ruhiger Stimme: »Keine Angst, Vater ist nicht da. Du kannst ganz ruhig bleiben.«
Sie half Christine beim Aufrichten und diese beruhigte sich langsam wieder. Aber es war deutlich zu sehen, das sie versuchte, sich umzusehen. Erst jetzt fiel auf, wie streng ihr Halskorsett wirklich war.
Frau Reussener wandte sich an David: »Geben sie mir doch bitte mal die Schlüssel.«
David mußte erst ein wenig überlegen, welche Schlüssel gemeint sein könnten, dann kramte er in seiner Hosentasche und reichte Christines Mutter die zwei Schlüssel.
Sie nahm den anderen Schlüssel, handtierte etwas mit den Schlüsseln und öffnete den oberen Rand des Halskorsetts. Dann konnte sie es etwas herunterziehen und David sah, das Christines Lippen noch mit einem Klebeband zugeklebt waren. Die Mutter zog es vorsichtig ab und Christine verzog keine Miene dabei.
Zu Davids Erstaunen machte sie den Mund auf und zum Vorschein kam noch ein großes weißes Taschentuch, welches die Mutter langsam auf ihrem Mund zog. Christine schien etwas mit ihrer Zunge zu machen, denn als letztes erschien noch ein roter Ball in ihrem Mund.
David war beeindruckt, wie streng Christine unter dem Halskorsett noch geknebelt war und es stellte sich bei ihm eine Gänsehaut ein.
Christine jedoch nutzte als erstes ihre neue Freiheit, um sich selber umzublicken und selber zu sehen, das ihre Mutter allein da war. Erst dann entspannte sie sich.
»Die anderen Schlüssel hast Du nicht dabei oder?« Das war ihre erste Frage an die Mutter.
Diese erwiderte, das die noch auf dem Schiff wären. »Geht es so auch?« Christine versuchte sich etwas in ihren Fesseln zu bewegen, doch sie konnte bloß ihren Kopf etwas freier bewegen.
»Es wird schon gehen.« Dabei stöhnte sie leicht.
Doch dann entwickelte sich ein sehr ernstes Gespräch zwischen Mutter und Tochter und David wußte nicht so recht, ob er da wirklich zuhören durfte. Doch er wollte auch nicht von Christines Seite weichen.
Auch die Mutter fragte, wie es denn nach Morgen weiter gehen sollte. Morgen wäre die Kreuzfahrt zuende und dann hätte Christine nicht mehr ihr schützendes Outfit und müßte sich dann wieder so mit ihrem Vater auseinander setzen.
»Und Du weißt, das er Dir überhaupt noch nicht verziehen hat. Und mit dem Kino hast Du es auch noch schlimmer gemacht.«
Es wäre fast eine Trotzreaktion gewesen, so wie Christine jetzt reagierte, doch alle wußten, das sie nur aus Liebe sprach. »Ich habe doch Dich.« Sie beugte sich mühsam zu David hinüber und versuchte ihn auf den Mund zu küssen, was ihr nach einigem Ächzen und Stöhnen auch gelang.
Auf der einen Seite war David sehr sehr glücklich, doch andererseits machte er sich jetzt auch Sorgen, denn er würde in Zukunft für Christines Vater arbeiten und er ahnte jetzt schon, daß er da in gewaltige Konflikte laufen sollte.
Auf einmal wurde Christines Stimme sehr traurig. »Ich kann doch nichts dafür, das er mir nicht glauben will. Ich habe doch alles versucht.« Sie fing leise an zu weinen.
Frau Reussener zog ihre Tochter in ihre Arme. »Ich weiß, Schatz. Du hast wirklich alles probiert.« Und dabei streichelte auch sie über die so streng verpackten Arme ihrer Tochter.
Als Christine sich etwas beruhigt hatte, schlug ihre Mutter vor, sich wieder für den Weg zum Schiff fertig zu machen.
Christine flüsterte etwas zu ihrer Mutter und diese blickte sie erstaunt an. »Bist Du sicher, das Du das willst?« Christine flüsterte wieder etwas.
Frau Reussener wandte sich an David. »Christine möchte von Ihnen den Knebel angelegt bekommen.« David mußte etwas schlucken.
»Bist Du Dir sicher?« fragte David leise, doch diesmal verriet ihn das Glänzen in seinen Augen. Christine drehte sich zu ihm herüber und küßte ihn lange auf den Mund. David schwebte wie auf Wolke sieben. Nur zögernd ließen sie von einander ab.
»Ja, bitte verschließ mich wieder.« Noch einmal küßte sie ihn.
Die Mutter hatte mittlerweile den Ball etwas abgewischt und reichte ihn zu David herüber.
Fast zitternd nahm David den Ball in die Hand und hielt ihn vor Christines Mund. Langsam öffnete sie ihren Mund und David konnte den ersten Teil ihres so strengen Knebels an seinen Platz tun.
Die Mutter reichte ihm als nächtes ein sauberes Taschentuch und er sah, das sie es schon passend zusammengefaltet hatte. Er nahm es und nur mühsam konnte er es seiner Geliebten in den Mund stecken. Doch dann sah er an ihrem glücklichen Blick, daß es paßte.
Mit leiser Stimme fragte er, ob auch wirklich alles in Ordnung sei. Zur Antwort spürte er noch einmal Christines süße Lippen auf den seinen. Nur die Zungen konnten sich nicht mehr treffen.
Er hörte, wie die Mutter ein neues Stück Klebeband abriß und er bekam eine Gänsehaut. Sie reichte es ihm und forderte ihre Tochter auf, die Lippen so weit wie möglich zusammen zu drücken.
Es erstaunte ihn, als er sich jetzt wieder Christine zuwandte, denn sie hatte ihre Lippen wirklich geschlossen. Und es war ihrem Gesicht anzusehen, das es sie schon einige Kraft kostete. Trotzdem war da auch ein Leuchten in ihren Augen, was bei ihm sämtliche Zweifel und Bedenken wegfegte.
»Knapp unter die Nase und dann gut festdrücken.« Die leise Anweisung von Frau Reussener kam ihm jetzt sehr zu Hilfe. Er drückte das Klebeband leicht unterhalb der Nase auf Christines Gesicht und war bemüht, es überall gut festzudrücken. Dabei zitterte er fast. Erst als er sah, das Christine sich entspannte, ließ auch er von ihr ab. Jetzt faßte er noch einmal zärtlich über die jetzt schon gut versiegelten Lippen und Christine stöhnte dabei leise.
»Jetzt noch das Halskorsett. Christine, beuge Dich etwas vor.« Auch die Stimme der Mutter war etwas leiser geworden. Christine stöhnte etwas, als sie der Aufforderung ihrer Mutter nach kam, dann konnte David das Korsett in seine vorgesehenen Position ziehen. Er nahm die Schnüre in die Handschuh und begann langsam das Korsett zu schließen.
»Machen sie es ruhig ganz zu, es ist eine Maßanfertigung.« Er zog noch etwas kräftiger und wirklich, die Ränder des Halskorsetts berührten sich. Und er spürte irgendwie, das es für Chrisine sehr eng wurde.
»Jetzt eine Doppelschleife.« David bemühte sich, die Schnüre zu verknoten, ohne das die Spannung des Korsetts nachließ. Er sah, wie Frau Reussener ihm das kleine Schloß reichte, doch diesmal wußte er nicht, was damit zu tun war. Als sie seine Ratlosigkeit sah, nahm sie das Schloß wieder selber in die Hand und David sah fasziniert zu, wie sie es in die Schleife einfädelte und so ein Öffnen des Korsett ohne Schere verhinderte. Dann zog sie noch die Kopfriemen nach und befestigte auch die am Korsett.
Christines Augen leuchteten sehr, als David jetzt von ihr abließ und gleich beugte sie sich vor und drückte ihre so sehr versiegelten Lippen auf seine. Auch David war sehr glücklich.
Er hatte gar nicht mitbekommen, das Frau Reussener schon wieder auf dem Weg zum Schiff war. Auch die Schlüssel hatte sie mitgenommen, doch was dies bedeutete, das war David jetzt nicht klar.
David legte diesmal ganz selbstverständlich seinen Arm um Christine und sehr angenehm spürte er, wie sie sich an ihn schmiegte. Jetzt wußte David einiges mehr von Christine, aber so richtig verstanden hatte er immer noch nicht. Er hatte von dem Konflikt zwischen ihr und ihrem Vater erfahren und auf einmal wurde ihm klar, das der Vater bald sein Chef sein würde. Er ahnte schon, das er dann mitten zwischen den beiden stand und es war ihm irgendwie klar, das das nicht gut gehen würde.
Ihm winkte ein faszinierender Job bei einem der besten Krankenhäuser der Stadt und so einen Einstieg würde er nie wieder angeboten bekommen. Nur ein Narr würde sich dies kaputt machen lassen.
Andererseits war da Christine mit ihren Fesseln und ihrer total faszinierenden Hilflosigkeit und er wußte, das er sich in sie verliebt hatte.
Sollte er sich wirklich zwischen Christine und ihren Vater drängen. David wußte es nicht. Im Moment spürte er Christines zarten Körper an seiner Seite und er genoß die Nähe und das Vertrauen, was sie ihm entgegen brachte.
Christine wollte aufstehen und er half ihr dabei. Er stand jetzt vor ihr und war sehr glücklich. Seine Christine. Und er hatte sie selber so streng knebeln dürfen. Doch auch an Christine war dieses Ereignis nicht spurlos vorbei gegangen, ihre Augen leuchteten sehr glücklich und sie kam auf David zu und versuchte, ihn noch einmal mit ihren so streng verpackten Lippen zu küssen. David war sprachlos, welche Faszination von Christine ausging.
Sie trat einen Schritt zurück und David folgte ihr mit seinem Blick bis zu ihren Knien. Wieder erschauderte er, als er das Einrasten der Beinschienen hörte. Und Christines Augen leuchteten.
* * *
Sehr langsam waren sie unterwegs zum Schiff, aber dies machte David überhaupt nichts aus. Im Gegenteil, er wünschte sich, das die Zeit überhaupt nicht vergehen würde und das er ständig so neben der hilflosen Christine hergehen könnte.
Doch schließlich kamen sie am Schiff an und David seufzte ganz leise. Auf einmal blieb Christine stehen und ging nicht weiter. Er wunderte sich zunächst, doch dann sah er die kleine Stufe vor der Gangway zum Schiff. Jetzt erst realisierte er, das Frau Reussener die Schlüssel mitgenommen hatte und er war zunächst etwas ratlos.
Erst, als er spürte, das Christine sich in seinen Armen auf die Zehenspitzen stellte, begriff er. Er könnte sie hochheben.
Er nahm allen seinen Mut zusammen und stellte sich direkt vor sie hin. Dann legte er seine Arme um ihren verpackten Körper, drückte sie fest an sich und hob sie die Stufe hoch. Auch Christine stöhnte leise.
Die schräge Gangway mußte er Christine etwas schieben, denn mit ihren steifen Beinen war es sehr schwer, die Schräge zu überwinden.
David mußte etwas schlucken, als er über den Weg zu ihrer Kabine nachdachte, denn er mußte dafür Christine zwei Treppen hinunter helfen. Doch das Glück kam ihm zu Hilfe. Gerade als er Christine die erste Stufe hinunterheben wollte, kam von unten eine Stewardess und erklärte ihm, wo sich der Schiffsaufzug befand.
Schließlich kamen sie zu der Kabine und David wollte gerade seinen Arm von Christine wegnehmen, als er von ihr einen dumpfes Brummeln aus dem Knebel hörte. Er wußte nicht so recht, was sie wollte und erst, als sie ihn mit sich zog, begriff er, das er mit in ihre Kabine kommen sollte.
Er war natürlich sehr neugierig und so trat er sehr gern mit ihr ein. Jetzt spürte er auch, das er den Arm wegnehmen konnte und Christine ging direkt auf den kleinen Tisch in ihrer Kabine zu.
David konnte nur kurz einen Blick auf ihr Bett werfen, doch es erschauderte ihn etwas, als er die vielen Lederriemen da liegen sah. Es sah aus, als würde Christine in einer Art Lederschlafsack übernachten, der am Bett festgebunden war.
Er hatte keine Zeit, genauer hinzusehen, denn Christine zog ihn mit leisen Stöhnlauten an den Tisch und sie gab erst Ruhe, als er an ihre Seite trat. Er folgte ihrem Blick und so sah er auf dem Tisch neben einem Knebelgeschirr ein Blatt Papier liegen und schon auf der Ferne sah er, das es für ihn war.
Er nahm es in die Hand und diese zitterte etwas als er es jetzt genauer betrachtete. Mit zierlicher Schrift hatte Christine die Frage drauf geschrieben, ob er sie heute Abend zum Kapitänsdinner begleiten würde. Er lies den Zettel auf den Tisch fallen und sah Christine an, die ihn ziemlich ängstlich fragend anblickte. »Ja, ich begleite Dich sehr gern«